Autor*innen-Porträts

Käte Reiter

14. Juli 1927 – 16. April 2013

Käte Reiter
© privat

Autorin und Ort

Käte Reiter wurde am 14. Juli 1927 in Düsseldorf geboren. Sie wuchs in Flingern auf, wo der Vater Fabrikarbeiter war und für die Familie eine kleine Wohnung in der Bruchstraße gemietet hatte. Reiter bezeichnete sich selbst als „Gassenkind“, verbrachte in jungen Jahren viel Zeit auf den Straßen des Arbeiterviertels und bei Spielen mit den Nachbarsjungen. Weil der Vater früh starb, musste sie schnell Verantwortung übernehmen und mithelfen, die Familie zu versorgen. Schon als 13-jährige Volksschülerin nahm sie verschiedene Putzstellen an, sie stahl Kohle von fahrenden Zügen und unternahm Hamsterfahrten aufs Land. Räter blieb Zeit ihres Lebens mit Düsseldorf verbunden. Sie wohnte später gemeinsam mit Lore Schaumann in der Zietenstraße in Golzheim. 2007 widmete ihr das Literaturbüro NRW einen Ehrenwort-Band, der unter dem Titel den samen der steine sammeln zahlreiche ihrer Gedichte versammelt.

Leben und Werk

Die Lyrikerin Käte Reiter wurde 1927 in Düsseldorf geboren, entsprechend war ihre Jugend geprägt von der Not des Krieges und dessen Folgen. Über diese Zeit hat sie später einen Roman geschrieben, der aber nie veröffentlicht worden ist. Käte Reiter absolvierte eine kaufmännische Lehre und arbeitete sich bis zur Leiterin eines Einzelhandelsunternehmens hoch. 

Zur Literatur kam sie nach dem Krieg, als sie bei einer Ärztin putzen ging, von der sie Medikamente für ihren Bruder erhielt. Die Ärztin förderte das Interesse an der „höheren Literatur“, und als wenig später die Schriftstellerin Marie Luise Kaschnitz nach Düsseldorf kam, um zu lesen, wurde sie mit ihr bekannt gemacht. Trotz des großen Altersunterschieds – Reiter war gerade einmal Anfang 20, Kaschnitz 46 – entwickelte sich daraus eine Freundschaft. 

Ab den 1960er Jahren veröffentlichte Käte Reiter eigene Gedichte. Wobei sie sich in ihrer typischen Zurückhaltung weniger selbst darum bemühte, als dass sie von Dichterkollegen und Herausgebern für Abdrucke in Zeitschriften und Anthologien gewonnen wurde. „Inzwischen hatte sie ihre ganz persönliche Bildung erworben, Reisen gemacht, Französisch gelernt und Klavier, Wittgenstein gelesen, Musil, Proust, Virginia Woolf zu ihren literarischen Göttern erhoben, den nouveau roman für sich entdeckt“, so beschrieb ihre langjährige Lebensgefährtin Lore Schaumann ihren Werdegang. 

Ab 1970 brachten regionale Verlage auch eigenständige Lyrikbände von ihr heraus. Die öffentliche Aufmerksamkeit für ihr Werk wuchs, sodass sie 1972 den Förderpreis der Stadt Düsseldorf erhielt und 1976 den NRW-Förderpreis für Literatur. Darüber hinaus lud das Deutsche Kulturzentrum sie zu Lesungen nach Israel ein.    

Waren ihre Verse anfangs noch gereimt und orientierten sich an klassischen Vorbildern, fand Reiter im Laufe der Zeit zu einer eigenen Form. Sie vermied Interpunktion, Überschriften und überlieferte Strophenformen. Ihre Gedichte zeichnen sich zudem durch äußerste Knappheit aus; es gibt kaum Umschreibungen oder Ausschmückungen. Auf inhaltlicher Ebene konzentrieren sich ihre Texte eher auf abstrakte Gedankenspiele und die Sprache selbst, als dass sie konkrete Geschehnisse wiedergeben würden. Vielfach gehen die Texte auch ins Surreale über. Und immer ist Raum für Mehrdeutigkeit.

Käte Reiter starb am 16. April 2013 in ihrer Geburtsstadt Düsseldorf. 

Von Ernst Müller

wo werden wir wohnen

wenn jetzt plötzlich niemand
mehr allein ist auf den sternen

weil die forscher kommen
ob da jemand leben kann

als ob man da nicht leben könnte
wo man lebt
nur weil es so weit war
und so nah ist

(zitiert nach: Käte Reiter: den samen der steine sammeln. Ehrenworte, Bd. 4, Edition Virgines Düsseldorf 2007, S. 84.)


Ohne Titel

die zeit häutet sich an mir
durch ihre schlangentür
schupp ich meine worte
meine haut die zeit
die zeit die mich nicht findet
wo ich bin
die schuppenhaut liegt da

sieht wie ein Kleid aus
licht ist drin
durchsichtig die andere seite
nur kleid um licht
nur licht im kleid
und zieht sich an
geht aus
bewegt das nichts

(zitiert nach: Käte Reiter: den samen der steine sammeln. Ehrenworte, Bd. 4, Edition Virgines Düsseldorf 2007, S. 31.)