Autor*innen-Porträts

Alexandra Cordes

16. November 1935 – 27. Oktober 1986

Alexandra Cordes
© picture-alliance dpa / Moran Remy Le

Autorin und Ort

Alexandra Cordes, eine der erfolgreichsten deutschen Schriftstellerinnen in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, wurde 1935 als Ursula Schaake in Bonn geboren. Sie besuchte das hiesige Clara-Schumann-Gymnasium und machte anschließend ein Volontariat beim Bonner Büro der Londoner „Times“. Mitte der 1960er Jahre zog sie mit ihrem Ehemann Michael Horbach, der ebenfalls Schriftsteller war, ins Siebengebirge. In den folgenden Jah­ren schrieben bei­de zahl­rei­che Bü­cher. Die Köl­ni­sche Rund­schau betitelte das Paar in ei­nem Ar­ti­kel von 1971 als „Die Ro­man­fa­brik im Sie­ben­ge­bir­ge“.

Leben und Werk

Alexandra Cordes wurde am 16. November 1935 unter dem Namen Ursula Schaake in Bonn geboren. In den 1970er und 1980er Jahren gehörte sie zu den erfolgreichsten deutschen Autorinnen. Ihre Romane wurden millionenfach verkauft und erschienen regelmäßig auf den Bestsellerlisten. 

Ursula Schaake war das zweite von drei Kindern des Geschäftsführers Erich Schaake und dessen Frau Anna Schaake. Im Kindesalter übte vor allem ihre Großmutter, Friederike Frieda Menninger, großen Einfluss auf Ursula aus. Als ehemalige Lehrerin im Elsass und als Jugendliebe von Albert Schweitzer beeindruckte sie ihre Enkelin mit Geschichten aus ihrem bewegten Leben und unterstützte sie in ihrem Werdegang. 

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs besuchte Schaake das Bonner Clara-Schumann-Gymnasium und schloss ihre Schullaufbahn mit dem Abitur ab. Mit 19 Jahren begann sie ein journalistisches Volontariat im Bonner Büro der Londoner „Times“. Als Korrespondentin für verschiedene Zeitungen, darunter u.a. das „Hamburger Abendblatt“, tauchte sie in die politischen Bonner Kreise ein und lernte so 1952 den Journalisten Michael Horbach kennen, den sie 1958 heiratete. 

Horbach, der selbst auch als Autor tätig war, veröffentlichte 1957 seinen ersten Roman Die verratenen Söhne, in dem er seine grausamen Erfahrungen als Soldat an der Ostfront während des Zweiten Weltkriegs aufarbeitete. Zeitgleich begann auch Schaake mit der Arbeit an ihrem ersten Roman mit dem Titel Die entzauberten Kinder. Sie bot das Manuskript Rowohlt an, wurde aber mit dem Rat, sie solle besser nie wieder einen Schreibversuch wagen, abgelehnt. 1963 gelang ihr schließlich die Veröffentlichung ihres Erstlingswerks beim Hestia-Verlag. In den kommenden Jahren sollten über 60 weitere Bücher folgen – ab den 1970er Jahren unter dem Pseudonym Alexandra Cordes. Obwohl ihre Bücher von vielen Kritikerinnen und Kritikern als seichte „Frauen-Romane“ abgetan wurden, erreichten sie hohe Verkaufszahlen. Besonders die dreiteilige Familiensaga, bestehend aus den Romanen Sag mir Auf Wiedersehen, Geh vor dem letzten Tanz und Frag nie nach dem Ende, in der Cordes aus dem Leben ihrer Großmutter erzählte, erfreute sich großer Beliebtheit. 

Mitte der 1970er Jahre zog Cordes mit ihrem Ehemann aus dem Siebengebirge auf ein Landgut in der Provence, wo sich beide ungestört dem Schreiben widmen wollten. Horbach litt nach wie vor unter seinen Kriegserlebnissen und wurde zunehmend von Erkrankungen und depressiven Schüben geplagt. Er zog sich aus der Öffentlichkeit zurück und legte auch seine Arbeit nieder. Das Zusammenleben wurde zur Zerreißprobe. In der Nacht zum 27. Oktober 1986 kam es zur Katastrophe: Horbach erschoss seine Frau und anschließend auch sich selbst. Alexandra Cordes wurde nur 50 Jahre alt.

Von Leonie Bauerdick

Frag nie nach dem Ende (1978)

Wenn man vom Wohnzimmer des alten Bonner Hauses in den Garten schaute, sah man Rosen, wo nach dem Krieg einmal Kartoffeln wuchsen, man sah Blumenbeete, wo einmal Lauch und Zwiebeln und Möhren reiften, und man sah den Birnbaum. Der stand ganz nah, hatte sich nicht verändert. 

Man sah dies alles, im gleichen Licht, zur gleichen Jahreszeit, im gleichen Sonnenuntergang, und doch war alles ganz anders. Wenn man es so sah, wie Friedel jetzt. Denn dieser Tag war schon anders gewesen, und die Nacht würde anders sein.

Warum ist es, daß diese Nacht so anders ist? fragten die Kinder beim Seder, dem Abendmahl vor Pesach, so stand es in dem kleinen Buch, der Haggada, das ihrem Vater gehört hatte. Friedel hütete es als Kostbarstes seiner kargen Hinterlassenschaft, weil so viele Seiten Randnotizen trugen. Er hatte stets zwischen zwei Religionen, zwei Kulturen, zwei Ansichten und Aussichten wählen müssen, weil er zwischen sie geboren wurde. Eine endgültige Entscheidung gab es für Michael Gugenheimer nie, und das hatte ihn gequält. 

Aber ich habe mich entscheiden dürfen, dachte Friedel, und ich habe es getan. Ich habe mich für Martin entschieden und zum erstenmal gegen Oma, denn sie wird es nicht verstehen.

(zitiert nach: Alexandra Cordes: Frag nie nach dem Ende. 4. Auflage, Heyne, München 1988, S. 29f.)