Autor*innen-Porträts

Hanns Dieter Hüsch

6. Mai 1925 – 6. Dezember 2005

Hanns Dieter Hüsch
© picture-alliance / dpa

Autor und Ort

Hanns Dieter Hüsch wurde am 6. Mai 1925 in Moers geboren, in seinem Geburtshaus an der Uerdinger Straße 64 befindet sich heute die Gaststätte „Zum kleinen Reichstag“. Später bekannte er: „Alles, was ich bin, ist niederrheinisch“. Mit Ende des Krieges verließ Hüsch Moers, um in Mainz zu studieren. Nach dem Tod seiner ersten Frau zog er zurück ins Rheinland nach Köln. Zuletzt lebte er im Örtchen Werfen in Windeck im Rhein-Sieg-Kreis, wo er 2005 verstarb. Hüsch wurde in einem Ehrengrab auf dem Hülsdonker Hauptfriedhof in Moers bestattet. In seiner Geburtstadt wird vielfach an ihn erinnert, so ist in der Innenstadt ein Platz nach Hüsch benannt, auf einer dort installierten Stele sind typische Sätze des Kaberettisten aufgeführt. Außerdem trägt das Bildungszentrum in Moers, in dem sich die Bibliothek, die Volkshochschule, das Stadtarchiv und das Kulturbüro befinden, Hüschs Namen, davor wurde zu seinem 90. Geburtstag eine Skulptur aus Bronze aufgestellt.

Leben und Werk

Hanns Dieter Hüsch wuchs als Sohn protestantischer Eltern im niederrheinischen Moers auf. Als Kind litt er unter einer Missbildung seiner Füße. Schon in seiner frühen Jugend musste er sich daher einigen Operationen unterziehen und war, insbesondere was Sport und das Spielen mit Gleichaltrigen anging, sehr eingeschränkt. In dieser Zeit schrieb Hüsch seine ersten Texte, verarbeitete so, was er in seiner Umwelt beobachtete: die niederrheinische Lebenswelt und das Kleinbürgertum mit all seinen Eigenarten. Diese Themen sollten Hüsch sein Leben lang begleiten. 

1943 legte Hüsch das Notabitur ab. Es folgte ein Ausgleichsdienst als Luftschutzhelfer – vom Kriegsdienst war er aufgrund seiner Behinderung befreit. Nach Kriegsende gründete er in seiner Heimatstadt Moers das Studio 45eine Gruppe Gleichgesinnter, die gemeinsam Theater spielte und Lyrikabende veranstaltete. Hüsch verließ schließlich Nordrhein-Westfalen, um in Mainz Theaterwissenschaften, Literaturgeschichte und Philosophie zu studieren. Sein Ziel war es, Opernregisseur zu werden.

Das Studium wurde jedoch schnell zur Nebensache: Nach einem Besuch des Düsseldorfer Kom(m)mödchen entdeckte der junge Hüsch das Kabarett für dich. 1948 gründete er zusammen mit Elmar Tophoven das Mainzer Studentenkabarett „Die Tol(l)eranten“, im universitären Rahmen trat er als Chansonnier auf. 1950 eröffnete er das Mainzer Zimmertheater, an dem er auch selbst spielte. 

Im Laufe der 1950er Jahre nahm Hüschs Karriere Fahrt auf. Das Studium hatte er zugunsten des Schreibens aufgegeben, sein Geld verdiente er unter anderem mit Auftragsarbeiten für den Süddeutschen Rundfunk. Auch ein erstes Soloprogramm entstand: Das literarische Klavier war ab 1954 in den Theatern zu sehen, Ende der 50er Jahre folgten gedruckte Versionen seiner Werke (z.B. Frieda auf Erden und Von Windeln verweht). Gemeinsam mit Rolf Jürgen Bartsch, dem Mitbegründer des Zimmertheaters, initiierte er zudem ein eigenes Kabarett, die Arche Nova, die bis 1961 bestehen sollte. 

In den 1960er Jahren folgten erste Auftritte im Fernsehen, insbesondere im ZDF, für das satirische Reisefeuilletons und kommentierte Bearbeitungen von Stummfilmen entstanden. Auch im Hörfunk blieb Hüsch präsent und moderierte von 1966 bis 1969 die eigene Radiokabarettsendung Zoll und Haben

Sein Programm wurde vor dem Hintergrund des Kalten Krieges zunehmend politisch, wovon etwa das 1965 gesendete Tonspiel Carmina urana – 4 Gesänge gegen die Bombe zeugt. In der 68er-Bewegung stieß er jedoch auf Kritik, diese fand seine Texte nicht politisch genug. So wurde er bei einem Auftritt beim Festival Chanson Folklore International auf der Burg Waldeck im Hunsrück von der Bühne gebuht. Hüsch zog sich daraufhin aus der deutschen Kabarettszene zurück und trat ausschließlich in der Schweiz auf. Seine Erlebnisse in dieser Zeit verarbeitete er im Programm Enthauptungen (1970).

In den 1970er Jahren kehrte Hüsch auf die Kleinkunstbühnen Deutschlands zurück. 1972 wur­de ihm im Mainzer Un­ter­haus, wo er früher häu­fig sei­ne Pro­gram­me der Öf­fent­lich­keit vorgestellt hatte, der ers­te deut­sche Klein­kunst­preis ver­lie­hen. Den Durchbruch erlebte der gebürtige Moerser 1973 mit Hüsch – Live. Von da an wuchs sein Publikum stetig. Hüsch produzierte ein Bühnenprogramm pro Jahr und fügte seinem Repertoire die Kunstfigur Hagenbuch hinzu, jenen nörgelnden Träumer und spießigen Angeber, der in den 1980er Jahren zu einem Publikumsliebling avancieren sollte. In dieser Zeit wurde die Philicorda-Orgel zu seinem Markenzeichen. Sein Erfolg führte zu weiteren TV- und Radio-Engagements, etwa dem vom Saarländischen Rundfunk produzierten Gesellschaftsabend, der ältesten Kabarettsendung im Hörfunk der ARD.

1988 starb Hüschs Frau Marianne, was zu einer Zäsur in seinem Leben führte. Er verließ Mainz und zog im Alter von 64 Jahren nach Köln, nach eigener Aussage „wechselte“ er den Dom. Hüsch wandte sich nun zunehmend religiösen Themen zu und engagierte sich in der protestantischen. Er ließ ab von neuen Programmen und führte seine Auftritte in Form von Lesungen fort. 1991 heiratete Hüsch ein zweites Mal. Mit Christiane Rasche-Hüsch, seiner „Chrise“, blieb er bis zu seinem Lebensende zusammen. Nach der Genesung von einer Lungenkrebserkrankung – Hüsch war bis zu seinem 60. Lebensjahr Kettenraucher – ging er im Jahr 2000 als dienstältester deutscher Kabarettist auf Abschiedstournee mit seinem Programm Wir sehen uns wieder.

2001 erlitt Hanns Dieter Hüsch einen Schlaganfall. Künstlerische Arbeit war von da an nicht mehr möglich. 2005 starb er schließlich im Alter von 80 Jahren. Hüsch gilt als einer der einflussreichsten deutschen Kabarettisten überhaupt. Der von ihm im Jahr 1999 initiierte Preis „Das Schwarze Schaf“ wird bis heute alle zwei Jahre vergeben und fördert Nachwuchstalente der Kabarettszene.

Von Sarah Hufnagel

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Sach ma nix! (Auszug aus Kabarattprogramm)

Am Niederrhein, da jagen sich die Rätsel: Warum is hier nix los un doch alles los. Un woanders is alles los, un gar nix los. Der Niederrhein, denk ich immer, macht einem nix vor. Da gibbet keine kalkulierte Romantik, sondern eine Musik aus Vergessen und Erinnern, un da draus entsteht das Gefühl am Ende der Welt, am Ende aller Tage zu sein. Und aus dem Altrhein bei Xanten tauchen prustend alle Vorfahren auf, als hätten sie sich verschwommen. Wer Phantasie studieren möchte, der sollte ein paar Semester an den Niederrhein kommen und dann als Lohengrin wieder in die große Welt fahren. Burgen gibt's. Schlösser gibt's und Wasserschlösser, Windmühlen und Wassermühlen, Kirchturmspitzen, Fähren und Inseln, Kunst im Schloss Moyland, Karneval in Keppeln, und komm mir nun keiner und sach, er sei nicht genannt worden.

(aus: Hanns Dieter Hüsch: Mein Traum vom Niederrhein. Mercator-Verlag, Duisburg 1996.)