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Zweimal live gesehen

Johannes Floehr belauscht ein Gespräch über ein Bob-Dylan-Konzert in Krefeld.

Im Jules Papp, Königstraße 153.

„Ich hab Bob Dylan live gesehen. Zweimal.“
„Wie kommst du jetzt drauf?“
„Weil grad Mr. Tambourine Man von dem läuft. Hör mal.“
„Ach jo.“
„Einmal davon war hier in Krefeld. Noch gar nicht so lang her.“
„Was, Bob Dylan war in Krefeld? Wieso das denn?“
„Er ist ein großer Fan von Samt und Seide. Trägt gerne Krawatten. Der wollte schon immer mal hierhin. Vor dem Konzert ist er noch kurz ins Haus der Seidenkultur, kleiner Spaziergang rund um die Burg Linn. Den Abend ausklingen lassen hat er mit einem Gläschen Gleumes Alt.“
„Du verarscht mich.“
„Ja.“
„Ich wette, der wüsste nicht mal, dass der hier gewesen ist. Wenn man den fragt: ‚Waren Sie schon mal in Krefeld?‘ Dann würde der sagen: ‚Was weiß ich, in welchem Bundesstaat liegt das denn?‘“
„In North Rhine-Westphalia, Mister Dylan, where the Krawatts come from.“
„Ja, genau! The Krawatts, haha!“ (lacht)
„Hehe.“
„Der ist doch auch schon über achtzig. Und alte Leute schlafen viel. Die wecken den bestimmt kurz vor Konzertbeginn, schnallen dem die Mundharmonika um den Hals und dann ist Showtime. Jeden Abend dasselbe, nur halt in irgendeiner anderen Mehrzweckhalle irgendwo auf der Welt. Kriegt der doch maximal nur noch halb mit.“
„Ja, kann sein.“
„Wie war das Konzert denn?“
„Gut, wenn man wusste, worauf man sich einlässt. Bob Dylan singt die Songs live ganz bewusst nicht wie auf Platte, der verfremdet immer wieder Arrangements und Songtexte, sodass man auch die Hits manchmal erst im Refrain erkennt. Und er redet nicht mit dem Publikum.“
„Wie, nix? Kein ‚Hello, nice to be here oder thank you?‘“
„Nee, macht der nicht.“
„Ganz schön schrullig, um nicht zu sagen: unsympathisch. Karten waren bestimmt teuer, oder?“
„Hunni. Pro Ticket.“
„Für das Geld würde ich dann auch schon begrüßt werden wollen und dass man Danke sagt, wenn ich applaudiere.“
„Ja, aber wie gesagt, macht der nicht.“
„Ich war ja neulich bei der Sarah Connor in Grefrath. Die war richtig nett und authentisch. Gab auch so lustige Mitmach-Sachen wie Laola oder das, wo sich erst alle hinsetzen und dann gleichzeitig wieder aufstehen und springen.“
„Hat sie denn auch Just like a Woman oder Desolation Row geschrieben?“
„Was? Nee. Aber als Überraschungsgast kam kurz vor Schluss noch Sido mit auf die Bühne, richtig cool.“
„Der war bei Bob Dylan leider nicht mit dabei. Da konnte der wohl nicht.“
„Mach du dich ruhig lustig. Ich hatte großen Spaß.“
„Ja, ist doch gut.“
„Find ich auch.“
„Und ich hab Bob Dylan live gesehen. Zweimal.“
„Wo war denn das andere Mal?“
„Hamburg.“
„Auch schön.“

Vita

Johannes Floehr ist 1991 in Willich geboren und in Krefeld aufgewachsen, der größten Stadt Deutschlands ohne Touristen-Information. Er kam dort aber auch so ganz gut zurecht. Inzwischen steht er mit seinen Texten und Witzen auf vielen verschiedenen Bühnen, vom Café bis zur Elbphilharmonie war schon so einiges dabei, Funk und Fernsehen ebenso.