Autor*innen-Porträts

August Wilhelm Schlegel

8. September 1767 – 12. Mai 1845

August Wilhelm Schlegel

Autor und Ort

August Wilhelm Schlegel übernahm 1818 an der neu gegründeten Universität in Bonn den ersten Lehrstuhl für Indologie. Als Professor genoss er bei Kollegen und Studenten, zu denen unter anderen Heinrich Heine gehörte, große Beliebtheit, seine Vorlesungen waren stets gut besucht. 1824 wurde er zum Rektor der Universität ernannt. Er wohnte in einem residenzartigen Haus an der Sandkaule 529 (heute Sandkaule 13), das jedoch nicht erhalten geblieben ist. Unter den Einwohnern der Stadt war er für seinen extravaganten Stil bekannt, er trug nach französischer Mode weiße Glacéhandschuhe, parfümierte sich, fuhr mit eigener vierspänniger Kutsche vor und hatte einen eigenen Diener. Sei­ne Ei­tel­keit wurde in Bonn sprich­wört­lich. Schlegel blieb bis zu seinem Tod am 12. Mai 1845 als Professor tätig und gestaltete das kulturelle Leben der Stadt maßgeblich mit. Sein Grabmal mit Bronzerelief befindet sich auf dem Alten Friedhof. 1929 wurde eine Straße nach ihm benannt, die sich in der Nähe vom Haus der Geschichte befindet.

Leben und Werk

August Wilhelm Schlegel wurde am 8. September 1767 in Hannover geboren. Er war der vierte Sohn des evangelischen Pastors und Schriftstellers Johann Adolf Schlegel und seiner Ehefrau Johanna, die Eltern von insgesamt acht Söhnen und zwei Töchtern waren. Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte er Theologie in Göttingen, wechselte jedoch schon bald zur Philologie.

Nach seinem Studium arbeitete Schlegel zunächst als Hauslehrer in Amsterdam, bevor er 1975 nach Jena zog, um dort Vorlesungen zu halten und Rezensionen für die Jenaer Allgemeine Literatur-Zeitung zu verfassen. Er unterhielt einen regen Briefwechsel mit Friedrich Schiller und wurde Kritiker für dessen Literaturzeitschrift Die Horen. Als die beiden jedoch begannen, öffentlich Kritik an den Werken des jeweils anderen zu üben, trennten sich ihre Wege.

Im Juli 1796 heiratete Schlegel Caroline Böhmer und sein jüngster Bruder Friedrich folgte ihm nach Jena. Die Brüder gründeten ihre eigene Zeitschrift Athenaeum, die ab Mai 1798 zweimal jährlich erschien und zu einem Sprachrohr der Frühromantik wurde. In ihr besprachen sie das Werk Goethes und anderer Autorinnen und Autoren, aber auch philosophische und politische Themen wie die Französische Revolution. Goethe selbst kontaktierte Schlegel mehrfach und bat ihn um literarischen Rat, da er ihn als Kritiker schätzte.

Nach einigen Jahren als Dozent in Berlin, wo er die Vorlesungsreihe Über schöne Literatur und Kunst abhielt, wurde seine Ehe 1803 geschieden. In den folgenden Jahren begleitete Schlegel die französische Schriftstellerin Madame de Staël durch Europa und unterrichtete deren Kinder. Nach ihrem Tod übernahm er 1818 an der neugegründeten Universität in Bonn den ersten Lehrstuhl für Indologie, weshalb er heute als Gründervater dieser Disziplin in Deutschland gilt. 1824 wurde er zum Rektor der Universität ernannt. Bis zu seinem Tod am 12. Mai 1845 blieb er als Professor in Bonn tätig und gestaltete das kulturelle Leben der Stadt maßgeblich mit.

August Wilhelm Schlegel machte sich nicht nur als wichtigster Sprachphilosoph der deutschen Frühromantik sowie als Mitbegründer der altindischen Philologie einen Namen, sondern verfasste auch zahlreiche Übersetzungen, Gedichte und Dramen. Seine Übersetzung der Werke Shakespeares ist bis heute die deutsche Standardübersetzung.

Von Leonie Bauerdick

Die Stunde vor dem Abschiede

Aus deinen Augen sah ich Thränen fließen
Unglücklicher! ich hatte sie erregt,
Von zärtlichem Verlangen hingerissen
Dein Innerstes zu ungestüm bewegt.

Es nahte schon des Abschieds bange Stunde,
verschwunden dieser Tage kurzes Glück;
Aus unserm, wie im Flug geschloßnen Bunde
Sahst du auf deinen öden Weg zurück.

O daß der Gram zerrütten soll mit Schmerzen
Der Wonne Sitz, den lieblich blühenden Leib!
Daß irgend wer zerrüttend deinem Herzen
Mit Haß zu nah getreten, zartes Weib!

Laß deine Thräne sanft hinweg mich trinken,
Laß mich sie trocknen mit gelindem Hauch!
Sieh schon sie hier in meinem Auge blinken:
O ging‘ in mich dein Leiden über auch!

Dem Mann, der seinem Glücke stürmt entgegen,
Ziemt auch der Kampf mit feindlichem Verdruß;
Doch schonend sollte Ruh des Weibes pflegen,
Denn still erwartet sie der Freude Gruß.

Willst du mir deinen Schmerz im Kusse reichen?
Gern nähm‘ ich herbes von so süßem Mund.
Der Kummer müßte dem Entzücken weichen,
Der Freundin Schmachten würd‘ in mir gesund.

(aus: August Wilhelm Schlegel: Poetische Werke. Erster Theil. Mohr & Zimmer: Heidelberg 1811, S. 68f.)