Autor*innen-Porträts

Albrecht Fabri

20. Februar 1911 – 11. Februar 1998

Albrecht Fabri
© Brigitte Friedrich / Süddeutsche Zeitung Photo

Autor und Ort

Albrecht Fabri wurde in Köln geboren und starb auch dort. Dazwischen liegen nur einige wenige Jahre, in denen er nicht in der Stadt am Rhein lebte. Ab den 1960er Jahren wohnte er in einer Wohnung in der Trajanstraße 10. Abends traf man ihn oft in der gegenüberliegenden Eckkneipe Soenius, wo Künstlerinnen und Künstler der Kölner Werkschulen und Schauspielerinnen und Schauspieler der Kammerspiele, beides am Ubierring gelegenen, verkehrten. Nach seiner zweiten Eheschließung zog Fabri zu seiner Frau in die Luxemburger Straße 426, wo er für sich eine zweite Wohnung im Hause anmietete. Er starb 1998 wenige Tage vor seinem 87. Geburtstag. Die Grabstätte der Eheleute Fabri befindet sich auf dem Kölner Südfriedhof.

Leben und Werk

Albrecht Fabri wurde am 20. Februar 1911 in Köln geboren. Nach der ersten Eheschließung ließ der Schriftsteller seinen eigentlichen Namen Schmitz standesamtlich ändern, schmückte sich Zeit seines künstlerischen Schaffens mit weiteren Pseudonymen wie Albertine Charlus, Otto Rodenkirchen oder Arnold Fernberg. 

Fabri studierte Germanistik, Philosophie und Musikwissenschaft in Köln und Bonn. Während seines Studiums engagierte er sich in der „Rheinischen Gruppe“, einem Künstlerkollektiv, zu dem auch der Philosoph und Schriftsteller Max Bense sowie der Sänger und Schauspieler Hanns-Georg Laubenthal gehörten. 1934 brach er sein Studium ab und ging nach München. Dort arbeitete er für den Rundfunk und die katholische Kulturzeitschrift „Hochland“.

Im Zweiten Weltkrieg geriet Fabri als Soldat in russische Kriegsgefangenschaft. Eine berufliche Tätigkeit als Lehrer an der Deutschen Buchhändlerschule in Rodenkirchen führte ihn 1947 zurück nach Köln. Von 1956 bis 1969 war er freier Lektor beim Karl Rauch Verlag in Düsseldorf und von 1968 bis 1970 des Limes-Verlages in Wiesbaden. Als freier Schriftsteller lieferte er Beiträge für diverse Kulturzeitschriften sowie für Funk und Fernsehen, vor allem für den WDR.

Sein radikaler Ästhetizismus und individueller Stil, der sich vor allem in seinen Essays zeigt, etwa in den Bänden Der schmutzige Daumen (1948), Interview mit Sisyphos (1952) oder Variationen (1959), wurde von Kolleginnen und Kollegen hochgeschätzt. Bleibenden Eindruck konnte er im Literaturbetrieb allerdings nicht hinterlassen und gehörte eher zu den Außenseitern. Neben seinen essayistischen Texten umfasst Fabris Werk Aphorismen sowie Übersetzungen aus dem Englischen, Französischen und Deutschen. Darüber hinaus war er auch als Kunstkritiker tätig, was ihm 1996 sogar die Ehrenmitgliedschaft der Düsseldorfer Kunstakademie einbrachte. Seit 1967 war er Mitglied des deutschen PEN.

Am 11. Februar 1998 verstarb Albrecht Fabri in Köln und wurde auf dem Kölner Südfriedhof beigesetzt.

Von Dominik Kruhl

Geschichte in Augenzeugenberichten (Auszug)

Es hat von jeher zwei Arten von Geschichte gegeben. Sollen wir sie die große und die kleine nennen? Die große Geschichte ist kahl und aseptisch wie ein Krankenhausflur. Sie ähnelt der Karte auf dem Tisch eines Generals: eine Schlacht verwandelt sich darauf in das geometrische Geflecht einiger schwarzer und roter Pfeile; Schweiß, Tränen, zerfetzte Leiber, kommen in ihr nicht vor – weshalb die große Geschichte denn auch, wenn schon ohne es zu wollen, zur Grausamkeit erzieht. Das notwendige Palliativ dagegen ist die kleine Geschichte derer, die sie jeweils erlitten. „Cäsar schlug die Gallier“, heißt es in einem Gedicht von Brecht. „Hatte er nicht wenigstens Koch bei sich?“ Jedenfalls würde, von diesem Koch geschrieben, die Geschichte das Gallischen Krieges anders aussehen. Sie würde die Geschichte sein eines, der dabei war: Generäle, Könige, Ministerpräsidenten, sind eigentlich nie dabei. Eben das: die Geschichte derer zu vermitteln, die dabei waren, ist der Sinn dieser Reihe. Sie ist entbehrlich für den, der es, wie der erwähnte General, mit dem Großen hält; sie ist unentbehrlich für den, der wissen möchte, wie Geschichte tatsächlich vor sich geht. Daß die brennenden Dörfer des dreißigjährigen Kriegs heute niemand mehr weh tun, schafft sie, auch als Nebensatz, nicht aus der Welt. Kurz, es gibt unmenschliche und menschliche Geschichte.

(Unveröffentlichtes Typoskript aus: Albrecht Fabri: Lesebuch. Zusammengestellt und mit einem Nachwort von Jürgen Egyptien, Nyland-Stiftung, Köln 2014, in der Edition Virgines, S. 97)