Leben und Werk
Der 1948 geborene Wolf Erlbruch wuchs in der Nachkriegszeit auf. Schon früh zeigte sich sein bildnerisches Talent, wenn er alte Papiertüten aufschnitt und in der Küche der Mutter darauf zeichnete. Nach der Schule studierte er an der Folkwang Hochschule für Gestaltung in Essen mit dem Schwerpunkt Zeichnung. Ab 1974 war er in der Werbebranche als Grafiker tätig. Er publizierte in Magazinen wie „Esquire“, „Transatlantic“ und dem „Stern“.
1984 wurde sein Sohn Leonard geboren, und da passte die Anfrage aus dem Peter Hammer Verlag, ob er ein Bilderbuch illustrieren möge, gut zu seinen persönlichen Lebensumständen. 1985 erschien Der Adler, der nicht fliegen wollte mit dem Text von James Aggrey. Erst vier Jahre später erschien Erlbruchs zweites Bilderbuch zu dem Text von Wolf Holzwarth: Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat. Trotz des sperrigen Titels wurde das Buch zu einem weltweiten Erfolg und zum Wendepunkt in Erlbruchs Karriere. Es führte ihn weg von der Werbebranche und hin zu einer jahrzehntelangen Auseinandersetzung mit Bilderbuchkunst und Buchillustration.
1990 wurde Erlbruch Professor für Illustration an der Fachhochschule in Düsseldorf, 1997 wechselte er an die Bergische Universität Wuppertal, und von 2009 bis 2011 lehrte er an der Folkwang Hochschule in Essen. Für sein künstlerisches Werk wurde Erlbruch mit zahlreichen nationalen und internationalen Preisen bedacht, unter anderem 2003 mit dem Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises für sein Gesamtwerk und 2017 mit dem Astrid Lindgren Memorial Award, dem wichtigsten internationalen Preis im Bereich der Kinderliteratur.
Charakteristisch für Erlbruchs Bilderbuchkunst ist die Collage, wobei er in seinen Werken meist viel Weißraum und damit Platz für die Fantasie der Betrachtenden lässt. Er hatte eine Vorliebe für die Verwendung alten Papiers und für das Zeichnen von Tierfiguren. Seine Bücher sind voller intertextueller Bezüge, die immer wieder in eine surreale und fantastische Welt führen, bei gleichzeitiger Verankerung in einer realen Welt mit unperfekten, aber sympathischen Figuren. Erlbruch bevorzugte, wie er selbst sagte, die einfachen Geschichten, dabei ging es bei ihm immer um die existenziellen Dinge des menschlichen Seins: das Wunder des Lebens, die Schöpfung, um Fürsorge und den Tod.
Wolfgang Erlbruch starb 2022 als einer der bedeutendsten Bilderbuchkünstler seiner Zeit, der mit seinen Bildern den künstlerischen Anspruch und Stil zahlreicher Illustrator*innen geprägt hat.
Von Stephanie Jentgens