Autor*innen-Porträts

Meister Eckhart

um 1260 – um 1328

Meister Eckhart
© Wiki Commons

Autor und Ort

Meister Eckhart gilt als einer der bedeutendsten Theologen und Mystiker des christlichen Mittelalters. Er absolvierte vermutlich an der Kölner Hochschule des Dominikanerordens ein Studium und wurde dort zum Priester geweiht. Nach Aufenthalten in Paris, Erfurt und Straßburg kam Eckhart 1323 erneut nach Köln, wo er hauptsächlich predigte. 1325 wurde er von zwei Ordensbrüdern beim anssässigen Erzbischof der Häresie beschuldigt. Der Prozess begann in Köln, 1327 wurde die Klärung der Angelegenheit jedoch an den Papst übertragen, weshalb sich Eckhart nach Avignon begab, dem damaligen Sitz des Papstes. In der Rheinmetropole erinnert heute eine Figur am Rathausturm an Meister Eckhart.

Leben und Werk

Meister Eckhart war ein christlicher Philosoph des hohen Mittelalters von nachhaltiger Wirkungskraft. Bis in die Gegenwart werden seine Predigten, Traktate und Abhandlungen gelesen und wissenschaftlich aufgearbeitet. Seine genauen Lebensdaten sind unbekannt. Er wurde um das Jahr 1260 in Thüringen geboren und ist um das Jahr 1328 gestorben, wahrscheinlich im französischen Avignon, wo zu dieser Zeit der Papst residierte. Eckhart war Dominikanermönch, Prediger und lehrte in Paris und vermutlich auch in Köln. Darüber hinaus nahm er hohe Ämter in seinem Orden ein. 

Eine Besonderheit für seine Zeit besteht darin, dass Eckhart neben seinen Schriften in Latein, der damals üblichen Sprache der Theologen und Gelehrten, auch Texte in deutscher Sprache verfasste. Denn er wollte, dass auch die Ungelehrten ihn verstehen. Diese deutschsprachigen, oder genauer gesagt mittelhochdeutschen Schriften wurden denn auch in den folgenden Jahrhunderten am nachhaltigsten rezipiert. Dazu gehören die drei Traktate Reden der Unterweisung, Das Buch der göttlichen Tröstung und Vom edlen Menschen sowie 59 Predigten. Diese Werke haben Anteil daran, die deutsche Sprache im Hinblick auf abstrakte Begriffe und Formulierungen bereichert zu haben. 

Eckharts Theologie wird gemeinhin der sogenannten Mystik zugeordnet, einer christlichen Richtung von betonter seelischer Innerlichkeit, die im 14. Jahrhundert aufblühte. Im Kern ging Eckhart davon aus, dass im höchsten Teil der menschlichen Seele ein Funke Gottes liegt. Dieser  vereint den Menschen mit Gott, bleibt jedoch durch die menschliche Gebundenheit an Raum und sein sowie seinen Hang zum Egoismus verborgen. Es gilt also, die Seele durch Selbstüberwindung zu reinigen und so zum Funken Gottes vorzustoßen. Dadurch gewinnt der Mensch innere Freiheit und die Kraft, dem alltäglichen Leben mit seinen Widrigkeiten in Ruhe und Gelassenheit zu begegnen. 

Manche Thesen Eckharts stießen auf Kritik der Amtskirche, weshalb der Kölner Erzbischof 1326 ein Inquisitionsverfahren einleitete. Es endete 1329 mit der Beanstandung von 28 Thesen. Zu diesem Zeitpunkt jedoch lebte Eckhart schon nicht mehr. Im Text der Verurteilung wurde sein Tod vermerkt. 

Von Ernst Müller

Buch der göttlichen Tröstung (Auszug, 1327)

Es steht im Buche der Weisheit und es liegt Wahrheit darin, daß alles, was Gott liebt, gut ist, eben aus dem Grunde, daß es Gott will. Wahrlich, auf menschliche Verhältnisse angewendet, es wäre mir lieber, wenn mich ein reicher und gewaltiger Mann, ein König, liebhätte und mich dabei doch eine Zeitlang ohne Gabe ließe, als daß er mir sofort etwas geben ließe, ohne mich zu lieben; wenn er mir aus Liebe das eine Mal nichts gäbe und mir wiederum deshalb nichts gäbe, um mich darnach um so mehr und reicher zu beschenken. Ich nehme noch an, daß der Mann, der mich da liebt und mir nichts gibt, eben nicht daran denkt, mir eine Schenkung zu machen, und sich vielleicht dann besser besinnt und mir etwas gibt: darum muß ich geduldig abwarten, zumal ja alle seine Gaben eine freie Gnade und unverdient sind. Und sicherlich, wessen Zuneigung ich nicht achte und wessen Willen der meinige entgegenhandelt, trotzdem ich seine Gabe nähme, da ist es recht, daß er mir nichts gäbe und mich noch dazu hasse und mich in Unglück lasse.

(zitiert nach: Meister Eckhart: Buch der göttlichen Tröstung. Insel Verlag, Leipzig 1918, S. 50ff.)