Autor*innen-Porträts

Peter Bamm

20. Oktober 1897 – 30. März 1975

Peter Bamm
© Brigitte Friedrich / Süddeutsche Zeitung Photo

Autor und Ort

Peter Bamm, eigentlich Curt Emmrich, wurde im heute zu Jüchen gehörenden Hochneukirch im Rhein-Kreis Neuss geboren und verbrachte die ersten Lebensjahre dort. Er wohnte mit seiner Familie in der Holzer Straße 38 in einer Betriebswohnung der Spinnerei J.A. Lindgens Erben, wo der Vater als Schlosser arbeitete, und besuchte für etwa zwei Jahre die evangelische Schule auf der Hochstraße. Als der Vater starb, verließen seine Mutter und er das Rheinland in Richtung Sachsen. Noch zu seinen Lebzeiten wurde eine Mehrzweckhalle in Hochneukirch nach ihm benannt. Über dem Eingang seines Geburtshauses ist außerdem eine Erinnerungstafel angebracht.

Leben und Werk

Peter Bamm war das Pseudonym von Curt Emmrich, der am 20. Oktober 1897 im heute zu Jüchen gehörenden Hochneukirch geboren wurde. Seine Mutter Beatrice, geborene Schomburg, stammte aus England. Der Vater Johannes Emmrich kam aus Bautzen und wurde in den 1890er Jahren Prokurist in einer Spinnerei in Hochneukirch. Nach dessen Tod 1903 kehrten Frau und Sohn 1905 nach Sachsen zurück. 

Curt besuchte in Bautzen das humanistische Gymnasium und meldete sich 1914 als Kriegsfreiwilliger. Er war als Leutnant im Königlich-Sächsischen Leibgrenadierregiment an der Westfront und legte nebenbei das Notabitur ab. Nach Kriegsende begann er das Studium der Medizin und Sinologie in Göttingen und wechselte 1919 nach Frankfurt am Main. Dort wurde er im Herbst 1923 als Arzt approbiert. 

Schon zuvor hatte er eine journalistische Tätigkeit für die Deutsche Allgemeine Zeitung (DAZ) aufgenommen. Auf Vorschlag des Redakteurs Paul Fechter wählte er das Pseudonym Peter Bamm. Im Auftrag der DAZ unternahm er 1924 eine Reise nach Indonesien, auf der er wie bei zahlreichen späteren Weltreisen als Schiffsarzt arbeitete. 1925 wurde er Assistenzarzt an der chirurgischen Klinik in Berlin-Friedrichshain, 1933 setzte er die Ausbildung am Allgemeinen Krankenhaus in Hamburg fort und schloss sie 1936 ab. In dieser Zeit schrieb er meist für die Wochenzeitung Deutsche Zukunft, erste Essaysammlungen erschienen 1934 und 1937 unter dem Titel Kleine Weltlaterne.

In Berlin ließ er sich als Chirurg nieder. 1940 wurde Bamm zum Sanitätsdienst eingezogen und in Frankreich, auf dem Balkan und ab 1941 an der Ostfront eingesetzt. Nach Kriegsende geriet er kurz in britische Gefangenschaft. Zurück in Deutschland widmete er sich mit großem Erfolg dem Schreiben. Sein Buch Die unsichtbare Flagge von 1952 verkaufte sich millionenfach und wurde in acht Sprachen übersetzt. Der Bericht über seinen Sanitätsdienst zieht eine deutliche Trennlinie zwischen der Wehrmacht und den Nationalsozialisten, die „die Anderen“ genannt werden. Die Sanitätskompanie erscheint als Enklave, in der die „unsichtbare Flagge“ der Humanität hochgehalten wird.

Von 1952 bis 1957 unternahm Bamm Reisen in den vorderen und mittleren Orient und schrieb Reiseberichte, biografische und kulturhistorische Werke. 1960 erhielt er die Paracelsus-Medaille der deutschen Ärzteschaft, 1972 das Große Bundesverdienstkreuz. Mit seinen Sachbüchern stand Bamm in den 1960er Jahren regelmäßig an der Spitze der „Spiegel“-Bestsellerliste, ebenso 1972 mit der Autobiografie Eines Menschen Zeit. Er lebte lange in Baden-Baden, ab 1964 in Zollikon in der Schweiz, wo er am 30. März 1975 starb. Sein Grab befindet sich in Hannover.

Von Jürgen Egyptien

Bahnhofselegie (Ausschnitt)

Hoch und nüchtern ragt aus Glas und Stahl im Dunst der großen Stadt die Bahnhofshalle. Rauch füllt ihre weiten, dunklen Wölbungen. Der Lärm der Menschen und Maschinen dröhnt chaotisch durch sie hin. Ihre Flanke steht offen. Der Wind bläst kalt und scharf herein.

Wie die Scheibe der Sonne über der Welt, schwebt über dem unendlichen Getümmel die Bahnhofsuhr. Ihre schwarzen Zeiger rücken unerbittlich wie der Wille der Götter Grad um Grad vorwärts. Was sie anzeigt, ist nicht nur die unendliche Zeit, es ist das Schicksal selber. Die kalte, nüchterne Halle ist ein von Ereignis, Entscheidung, Hoffnung, Verzweigung und Ergebenheit schier überquellender Markt des Lebens.

Wir kommen und wir gehen. Wir kommen an, wir fahren ab – auf einem Bahnhof. Wenn der Mensch das Traumland seiner Jugend verläßt, ist es der Pfiff der Lokomotive, der ihn in die gefährliche Ferne reißt. Die Stationen seines Lebens sind die Bahnhöfe. Wenn er verzweifelt vor sich selber und seinem Schicksal flieht – es sind nicht mehr Zelte, die er hinter sich abbricht, es ist ein Billett, das er sich löst: „Eins Zweiter irgendwohin!“ 

(Peter Bamm: Anarchie mit Liebe. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1962, S. 156.)