Autor*innen-Porträts

Guillaume Apollinaire

26. August 1880 – 9. November 1918

Guillaume Apollinaire

Autor und Ort

Guillaume Apollinaire reiste im Sommer 1901 aus Paris ins Rheinland. Er begleitete die aus Köln stammende Gräfin Elinor de Milhau, die in Bennerscheid, heute ein Stadtteil von Königswinter, ein Haus („Neuglück“) besaß. Dort unterrichtete Apollinaire die 9-jährige Tochter der Gräfin in Französisch. Im Oktober zogen sie weiter in die vom verstorbenen Bruder ihrer Mutter hinterlassene Villa Hölterhoff in Bad Honnef. Mit dabei war die englische Gouvernante Annie Playden, in die sich Apollinaire verliebte. In dieser Zeit verfasste er an die 100 Texte, darunter einige seiner bekanntesten Gedichte, die später teilweise in sein Hauptwerk eingingen, die Sammlung Alcools. Viele enthalten Bezüge zu Annie Playden, mit der er zusammen mit Gabrielle, der Tochter der Gräfin, Wanderungen durchs Siebengebirge unternahm.

Leben und Werk

Guillaume Apollinaire gilt als einer der bedeutendsten Lyriker des frühen 20. Jahrhunderts und prägte den Begriff des Surrealismus maßgeblich. Geboren wurde der französische Schriftstellermit italienisch-polnischen Wurzeln am 26. August 1880 unter dem Namen Guglielmus Apollinaris Albertus Kostrowitzky in Rom.

Apollinaires Mutter, Angelica Kostrowicka, hatte eine Affäre mit dem adligen Francesco Flugi d'Aspermont, der als Vater von Apollinaire und dessen jüngerem Bruder gilt. Apollinaire verbrachte seine Kindheit in Rom, bis sein Vater das uneheliche Verhältnis zu seiner Mutter beendete und diese mit ihren Söhnen nach Monaco zog. Dort besuchte Apollinaire das Gymnasium und lernte verschiedene Sprachen, beendete seine Schullaufbahn jedoch ohne einen Abschluss. Er widmete sich der Literatur, verbrachte seine Zeit lesend und mit dem Verfassen eigener Gedichte und kleiner Theaterstücke, für die er bereits sein Pseudonym Guillaume Apollinaire verwendete. 

1899 ging seine Mutter nach Paris und nahm die beiden Söhne mit. Apollinaire hielt sich zu dieser Zeit finanziell vornehmlich als Ghostwriter über Wasser. Er lernte Madame de Milhau kennen, die aus Deutschland stammte und neben einem Hotel in Paris auch über ein Haus (Neuglück) bei Bad Honnef verfügte. 1901 begleitete Apollinaire sie ins Rheinland und unterrichtete dort ihre Tochter in Französisch. In dieser Zeit verfasste er an die 100 Texte – darunter viele seiner bekanntesten Gedichte – und nutzte seine Freizeit, um Deutschland zu bereisen. Als er ein Jahr später nach Paris zurückkehrte, nahm er eine Stelle als Bankangestellter an, veröffentlichte aber weiterhin Gedichte, journalistische Beiträge und gelegentlich auch pornografische Texte. Er freundete sich mit Pablo Picasso und Max Jacob an, verkehrte in der Pariser Kunst- und Literaturszene und machte sich nach und nach als Lyriker und Kunstkritiker einen Namen. 

1910 veröffentlichte Apollinaire unter dem Titel L’Hérésiarque & Cie. einen Sammelband mit seinen bisher verfassten Erzählungen: 23 meist kurzen, oft düster-fantastischen Texten im Stile E.T.A. Hoffmann und Edgar Allan Poes. 1913 veröffentlichte er Alcools, eine Auswahl von Gedichten, in denen er auf komplett auf Interpunktion verzichtete. Während zu Apollinaires Lebzeiten der erhoffte Erfolg ausblieb, gilt Alcools heute als sein bekanntestes Werk. 

Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, meldete sich Apollinaire als Freiwilliger, wurde aber zunächst wegen seines ausländischen polnisch-stämmigen Großvaters abgelehnt. Seine anfängliche Kriegseuphorie lebte er stattdessen literarisch aus, bis er 1915 doch noch eingezogen wurde. Seine Begeisterung wich allerdings schnell der Ernüchterung, als er die Schrecken der Schützengräben miterlebte. Er wurde durch einen Granatsplitter verwundet, konnte aber im anschließenden Genesungsurlaub seine literarische Arbeit wieder aufnehmen. Er veröffentlichte sein künstlerisches Manifest L'esprit nouveau et les poètes, bevor er am 9. November 1918 im Alter von 38 Jahren an der Spanischen Grippe in Paris starb.

Von Leonie Bauerdick

Die Herbstzeitlosen (1912)

Der Herbst läßt seine Wiese so schön, so giftig blühen.
Ein Gift, das schleicht, Streut er den Kühen.
Die Herbstzeitlose blaut hier, wie Augenring und Flieder,
Ich seh die blasse Bläue, ich seh dein Auge wieder,
Es gleicht der blau umflorten, es gleicht dem Herbst, dem Jahr,
Das Gift steigt in mein Leben, so wills dein Augenpaar.

Jetzt kommt hier aus der Schule das Kindervolk vorbei,
Es kommen bunte Röcke, Harmonika, Geschrei.
Die Tochter ist und Mutter, die Herbstzeitlose, die
So schimmert wie dem Auglid – die Kinder pflücken sie,
Sie pflücken Augenlider im Wind, im irren Wind.

Der Kuhhirt summt ein Liedchen, die Herde, sie beginnt
Davonzutrotten, muhend, verlassen ist der Ort,
Die Wiese, wo der Herbst stand und Blumen da und dort.

(zitiert nach: Guillaume Apollinaire: Alkohol. Gedichte. Luchterhand, Darmstadt 1976.)