Autor*innen-Porträts

Gerhard Tersteegen

25. November 1697 – 3. April 1769

Gerhard Tersteegen

Autor und Ort

Der Schriftsteller und Laienprediger Gerhard Tersteegen kam 1697 in Moers als jüngster Spross des Kaufmannes Heinrich Tersteegen und dessen Frau Anna Cornelia, geborene Triboler, zur Welt. Sein Geburtshaus steht unmittelbar am Marktplatz und beherbergt heute eine Gastronomie. Unter einem Erkerfenster des Hauses, an der Ecke Kirchstraße/Altmarkt, ist eine Gedenktafel zu seinen Ehren angebracht. Tersteegen wollte zunächst Pfarrer werden, was ihm allerdings aufgrund der finanziellen Situation der Familie nicht möglich war. Seine Mutter – der Vater war früh gestorben – schickte ihn dann auf die Lateinschule,  das heutige Gymnasium Adolfinum, wo er auch Griechisch, Hebräisch und Französisch lernte. Anschließend ging er nach Mülheim an der Ruhr und begann dort eine Kaufmannslehre. In vielen Städten, besonders in NRW, tragen soziale Einrichtungen wie Pflege- und Krankenhäuser oder Altenheime, aber auch Gemeindehäuser den Namen von Gerhard Tersteegen. Auch einige Straßen und Plätze sind nach ihm benannt, so etwa in Moers, Duisburg, Düsseldorf und Remscheid.

Leben und Werk

Wenn das Orchester der Bundeswehr den Großen Zapfenstreich erklingen lässt, ist der Choral „Ich bete an die Macht der Liebe“ bekanntester Bestandteil. Schöpfer des Liedes ist der evangelische Schriftsteller Gerhard Tersteegen, geboren 1697 im niederrheinischen Moers. 

Das berühmte Lied wurde im Laufe der Zeit in verschiedenen Varianten abgedruckt. So gehört die heute gebräuchliche Titelzeile ursprünglich zur vierten Strophe der Originalfassung von 1757. Gerhard Tersteegen hat eine Anzahl weiterer Kirchenlieder geschrieben, die bis heute Eingang in evangelische und katholische Gesangbücher gefunden haben. Dazu gehören unter anderem die Lieder „Gott ist gegenwärtig“ und „Jauchzet ihr Himmel, frohlocket, ihr Engel, in Chören“. Gemeinsam ist diesen Liedern eine innige, gefühlsbetonte Verbindung des Menschen zu Gott.  

Das wurzelt im Bekenntnis Tersteegens zu Pietismus und Mystik seiner Zeiten, die den direkten persönlichen Zugang zu Gott suchten und auf materiellen Reichtum verzichteten. Auf dieser Grundlage erfolgten gute Taten zum Wohle der Mitmenschen. 

Gerhard Tersteegen beglaubigte diesen Anspruch durch seine Lebensführung. Er war der Sohn eines Kaufmanns, der starb, als Gerhard gerade sechs Jahre alt war. In seiner Heimatstadt Moers besuchte Gerhard Tersteegen die Schule, in der er Latein, Altgriechisch, Hebräisch sowie Französisch und Niederländisch lernte. Er hatte nicht die Mittel zum Studium und absolvierte stattdessen in Mülheim an der Ruhr eine Kaufmannslehre. 

Dort kam er mit Vertretern des Pietismus und der Mystik in Berührung und verschrieb sich schließlich 1724 der ewigen Treue zu Christus, und zwar mit einem an den Heiland verfassten „Blutbrief“. Er kümmerte sich um Arme, betrieb Seelsorge, hielt Vorträge und verfasste religiöse Schriften. So übersetzte er etwa den niederrheinischen Mystiker Thomas von Kempen und schrieb Biografien von Heiligen. 1729 brachte er den Band Geistliches Blumengärtlein inniger Seelen heraus, der in Reimformen geistliche Betrachtungen und Lieder enthält.  

1769 starb Gerhard Tersteegen in Mülheim. An der dortigen Petrikirche erinnert ein Grabstein an den großen Sohn der Stadt. Auf dem Marktplatz seiner Geburtsstadt Moers wurde am Standort seines ehemaligen Geburtshauses eine Plakette angebracht. Schulen und karitative Einrichtungen in mehreren Städten tragen heute seinen Namen.     

Von Ernst Müller

Gott ist gegenwärtig

1. Gott ist gegenwärtig.
Lasset uns anbeten
und in Ehrfurcht vor ihn treten.
Gott ist in der Mitte.
Alles in uns schweige
und sich innigst vor ihm beuge.
Wer ihn kennt, wer ihn nennt,
schlag die Augen nieder;
kommt, ergebt euch wieder.

2. Gott ist gegenwärtig,
dem die Cherubinen
Tag und Nacht gebücket dienen.
Heilig, heilig, heilig!
singen ihm zur Ehre
aller Engel hohe Chöre.
Herr, vernimm unsre Stimm,
da auch wir Geringen
unsre Opfer bringen.

3. Wir entsagen willig
allen Eitelkeiten,
aller Erdenlust und Freuden;
da liegt unser Wille,
Seele, Leib und Leben
dir zum Eigentum ergeben.
Du allein sollst es sein,
unser Gott und Herre,
dir gebührt die Ehre.

4. Majestätisch Wesen,
möcht ich recht dich preisen
und im Geist dir Dienst erweisen.
Möcht ich wie die Engel
immer vor dir stehen
und dich gegenwärtig sehen.
Lass mich dir für und für
trachten zu gefallen,
liebster Gott, in allem.

(...)

(aus: Gerhard Tersteegen: Geistliches Blumengärtlein inniger Seelen. 1. Auflage, Frankfurt und Leipzig 1729, S. 196f.)