Autor*innen-Porträts

Wilhelm Schmidtbonn

6. Februar 1876 – 3. Juli 1952

Wilhelm Schmidtbonn
© Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn

Autor und Ort

Der Schriftsteller Wilhelm Schmidtbonn wurde am 6. Februar 1876 als Wilhelm Schmidt in Bonn geboren. In seinem Geburtshaus am „dreieckigen Marktplatz“, den er 1935 in seinem gleichnamigen Roman beschrieb, führte sein Vater Johann Martin mit seiner Ehefrau Wilhelmine Charlotte ein Geschäft für Pelze und Hüte. An dem Haus am Markt 42 wurde 1995 eine Gedenktafel angebracht. Ende der 30er Jahre zog Schmidtbonn mit Ehefrau Liese und Hund in eine Villa in der Konstantinstraße 70 in Bad Godesberg. An einen Freund schrieb er: „Als ich auf den Balkon trat und die ganze Linie des Siebengebirges vor mir stand, kamen mir die Tränen in die Augen“. Schmidtbonn starb am 3. Juli 1952 im Alter von 76 Jahren in seinem Haus. Die Stadt Bonn setzte daraufhin alle Flaggen auf Halbmast. Der Dichter wurde auf dem Alten Friedhof in einem Ehrengrab beigesetzt. 1959 wurde im Stadtteil Poppelsdorf eine Straße nach ihm benannt. Ein Teil des Nachlasses befindet sich im Bonner Stadtmuseum, wo auch Möbel und Gemälde des Ehepaars Schmidtbonn in der Dauerausstellung zu finden sind. Aufgrund neuer Erkenntnisse, die Schmidtbonn als Sympathisanten und Günstling des NS-Regimes ausweisen, läuft aktuell ein Antrag, die Schmidtbonnstraße in Bonn umzubenennen. 

Leben und Werk

Wilhelm Schmidtbonn wurde 1876 in Bonn geboren. Nachdem er sowohl das Gymnasium als auch seine anschließende klassische Musikausbildung am Kölner Konservatorium abgebrochen hatte, begann er eine Ausbildung zum Buchhändler. Ein Studium der Philosophie und der Literaturwissenschaft in Bonn (mit Aufenthalten in Berlin, Göttingen und Zürich) folgte, in dieser Zeit verfasste er auch die ersten eigenen Bühnenstücke.

Sein Stück Mutter Landstraße (1901), das in Dresden und Berlin aufgeführt wurde, war Schmidtbonns erster großer Erfolg. 1905 heiratete er Luise Treuer und arbeitete fortan als Dramaturg am Schauspielhaus in Düsseldorf, wo er die Theaterzeitschrift Masken herausgab. Während seiner Düsseldorfer Zeit wurde er Berater des in Bonn lebenden August Macke und auch dessen Freund. Es folgten erfolgreiche und unbeschwerte Jahre, bis 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, den Schmidtbonn als Kriegsberichterstatter in Serbien und Frankreich erlebte und dem sein Freund Macke gleich zu Beginn zum Opfer fiel. Nach dem Krieg lebte er als freier Schriftsteller und verfasste zahlreiche Novellen, Dramen und Romane. 1926 wurde er in die Preußische Akademie der Künste aufgenommen und lebte ab 1928 in Ascona im Tessin, um sein Asthmaleiden zu kurieren.

In Erinnerung an seine geliebte Heimat entstand 1935 sein bekanntester Roman Der dreieckige Marktplatz, mit dem Schmidtbonn eben jenen Platz beschrieb, an dem er geboren worden war. Mit seiner Textsammlung An einem Strom geboren machte er sich 1936 endgültig als Heimatdichter einen Namen, begünstigt allerdings vom Wohlwollen der Nationalsozialisten. In seinen Texten griff er immer wieder die Motive der rheinischen Landschaft und ihrer Bewohnerinnen und Bewohner auf. 

Während seine Werke weder antisemitische noch rassistische Tendenzen aufweisen, ließ sich Schmidtbonn im Dritten Reich vereinnahmen und trat öffentlich als Vertreter des NS-Kulturbetriebs in Erscheinung. Er begrüßte 1933 die „Machtergreifung“ von Hitlers Nationalsozialisten, denen er Sympathien entgegenbrachte und die ihn ihrerseits entsprechend mit Preisen bedachten. 1936 wurde er zum Ehrendoktor der Universität Bonn ernannt, 1941 folgte der Rheinische Literaturpreis und 1943 die Beethoven-Medaille der Stadt Bonn.

Bei der Verleihung des Rheinischen Literaturpreises wurde Schmidtbonn mit den folgenden Worten in der Kölnischen Zeitung zitiert: „Den Dichtern ist die Gestalt des Führers das Sinnbild des deutschen Menschen geworden: kühn, willensstark, gütig. Diese Deutschheit in ihrer umfassenden Gemeinschaft von suchenden,  ringenden, immer hochstrebenden Menschen ist es, die unsere Wehrmacht zu ihren ungeheuern Taten beseelt, die erst eine kommende Dichtung im Wort erfassen wird. In dieser innersten Gemeinsamkeit treffen, wie nur in seltenen Zeiträumen der Geschichte, die Nation und ihre Dichtung zusammen – im Stolz, deutsch zu sein, im schlichten und verpflichtenden Bekenntnis; dem Führer Dank , Ehrfurcht, Treue und Liebe!“

Als seine Asthmaerkrankung sich verschlimmerte und er in finanzielle Not geriet, bat er das Regime mehrfach um Unterstützung, woraufhin ihm die Preußische Akademie der Künste nicht nur einen jährlichen Ehrensold zahlte, sondern ihn ab 1934 auch mit einer monatlichen „Werkhilfe“ unterstützte.

Nach Kriegsende wurde Schmidtbonn dank eines Entlastungszeugnisses des
Kölner Oberbürgermeisters vollständig entnazifiziert und von der Spruchkammer als „unbelastet“ eingestuft.

1952 starb Wilhelm Schmidtbonn im Alter von 76 Jahren in Bad Godesberg.

Von Leonie Bauerdick

Der dreieckige Marktplatz (1935)

Die Stadt Bonn hat einen großen Marktplatz. Wer an einem Ende ruft, wird am andern nicht gehört. Am auffälligsten aber ist die dreieckige Form des Platzes. Im Jahr 1870 standen hier noch jene niedlichen Häuschen aus der Kurfürstenzeit, von denen heute nur wenige übrig sind – manche nur zwei Fenster breit. Die spitzen Giebel wiederholten jeder für sich die Dreiecksform. Unter diesen Giebeln hatte das Kind Ludwig van Beethoven gespielt. An ihnen vorbei war der Jüngling zur geliebten Eleonore von Breuning geeilt.

Die Giebelhäuschen standen alle schon ein wenig schief, wie eine untergefaßte Schar von Zechern, die einer den andern stützen. Wird einer fallen, fallen alle mit.

In einem Winkel des Dreiecks stand wie heute das Rathaus – eher ein kleines Rokokoschloß. Während es sich aber heute unter den hohen neuen Häusern fast verliert, bot es 1870, zwischen den niederen Giebeln, das Bild eines Schwanes, der sich unter Enten niedergelassen hat – jederzeit bereit, wieder davonzufliegen. Flügel waren die beiden Außentreppen, Gefieder das filigranzarte Eisengeländer.

In der Mitte des Platzes reckte sich, auch wie heute noch, eine Säule spitz in den Himmel. An zweien ihrer Flanken schäumte Wasser aus bärtigen und schilfumschlungenen Männergesichtern in Schalen. […]

(zitiert nach: Wilhelm Schmidtbonn: Der dreieckige Marktplatz. Bouvier Verlag, Bonn 2004, S. 9.)