Autor*innen-Porträts

Rolf Haufs

31. Dezember 1935 – 26. Juli 2013

Rolf Haufs
© imago / gezett

Autor und Ort

Rolf Haufs wurde Silvester 1935 im Evangelischen Krankenhaus in Düsseldorfer-Bilk, der Heimatstadt seiner Mutter, geboren. Er wuchs in Mönchengladbach-Rheydt auf, wo er das Städtische Gymnasium (das heutige Hugo-Junkers-Gymnasium) besuchte und anschließend eine Ausbildung zum Industriekaufmann machte. Von 1956 bis 1960 war er als Exportkaufmann in verschiedenen Industriebetrieben angestellt. Haufs lebte in seiner Rheydter Zeit mit der Familie in der Friedrichstraße 133. 1960, im Alter von 24 Jahren, zog er nach West-Berlin.

Leben und Werk

Rolf Haufs, geboren 1935 in Düsseldorf und aufgewachsen in Mönchengladbach-Rheydt, gehört zum etablierten Personal der modernen deutschen Lyrik. Über fünf Jahrzehnte verfasste er Gedichte, die er in 13 eigenen Büchern und vielen Anthologien veröffentlichen konnte. Überdies schrieb er einen Roman und eine Reihe Erzählungen sowie Kinderbücher. In seinen Gedichten beschäftigt sich Haufs vornehmlich mit der seelischen Situation von Menschen, die er in abstrakten und verknappten Darstellungen von Örtlichkeiten, Tätigkeiten oder Zuständen indirekt durchscheinen lässt. Ein Beispiel dafür ist das Gedicht Glückliche Kindheit, das entgegen seinem Titel von Kindern handelt, die in der NS-Zeit unter einer ideologisch beeinflussten, schematischen und unpersönlichen Behandlung zu leiden haben. Dass sie dabei seelischen Schaden nehmen, kann sich der Leser vorstellen. Auch Haufs selber sah sich als seelisch Zerrissenen und schlug in seinen Gedichten gern einen melancholischen Tonfall an.

1960, mit 24 Jahren, zog Haufs von Rheydt nach West-Berlin, wo er bis zu seinem Tod 2013 lebte. Der Zustand der damals geteilten Stadt entsprach wohl seiner eigenen seelischen Verfasstheit. Vor seinem Umzug an die Spree hatte Haufs in Mönchengladbach eine Lehre zum Industriekaufmann absolviert und dort sowie in Düsseldorf für verschiedene Industriebetriebe gearbeitet. In Berlin widmete er sich nun der Literatur. Er schrieb eine Erzählung mit dem Titel Das Dorf S., die sich auf den Ortsteil Steinstücken bezog, der als westliche Exklave auf dem Territorium der DDR lag und deshalb die Spaltung Deutschlands in besonders drastischer Weise dokumentierte.

Haufs etablierte sich schnell in der Literaturszene. Schon 1962 erschien sein erster Gedichtband. Im gleichen Jahr wurde er Mitglied der heute legendären Gruppe 47. Darin versammelten sich unter Leitung des Schriftstellers Hans Werner Richter die Vertreterinnen und Vertreter einer progressiv eingestellten Nachkriegsliteratur. Die bekanntesten Namen sind Günter Grass, Heinrich Böll und Walter Jens. 1970 wurde Haufs auch Mitglied des deutschen PEN, der international renommierten Vereinigung von Schriftstellern. Beruflich konnte Haufs beim Rundfunk Fuß fassen. Von 1972 bis 1999 war er beim Sender Freies Berlin als Redakteur für Literatur tätig. 1984/1985 führte ihn eine Gastprofessur an der Universität Duisburg-Essen nochmal in die rheinische Heimat. 1987 wurde er Mitglied der Berliner Akademie der Künste.

Von den deutschen Lyrikern war Haufs einer der bekanntesten, sein Werk wurde mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Bei seinem Tod gab es viele ehrende Nachrufe.

Von Ernst Müller

Niederrheinische Ebene

Schön ist der Fluss unter der Pappelschnur
Und die leuchtenden Wiesen und von den Ängsten
Blieb nichts und den Stürmen die kamen über Tag
In der Nacht und die Nächte zerbrachen und es
Brannten die Bäume über Tag in der Nacht
Und kein Webstuhl blieb hell über Tag
In der Nacht

Ebene vom Strom geborgen in Licht
Unter dem Meerwind die heitere Sonne
Und beim Distelholz der lohende Mohn und
Die Schatten die Schatten an den Nachmittagen
Und schon bald kommt die Nacht

Geschändet die Erde geschändet der Tag
Geplagt das Holz unter den hohen Firsten
Wenn der Sturm kommt der Sturm in die Städte
Und die Furcht kommt die Furcht und die Kähne
Beladen mit Furcht und die Kähne beladen
Mit Sturm und beladen mit Furcht

Und schön ist der Fluss und die Pappelschnur
Und der Meerwind die heitere Sonne
Der lohende Mohn beim Distelholz
Und die langen Schatten und die Schatten
Die Schatten an den langen Nachmittagen

(aus: Rolf Haufs: Straße nach Kohlhasenbrück. Gedichte. Luchterhand, Neuwied am Rhein 1962, S. 53.)