Autor*innen-Porträts

Heinrich Böll

21. Dezember 1917 – 16. Juli 1985

Heinrich Böll
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Autor und Ort

Heinrich Böll wurde in Köln geboren und war Zeit seines Lebens mit der Stadt verbunden. In der Gemeinde Kreuzau im Kreis Düren erwarb er in den 1960er Jahren das Haus Langenbroich, eine denkmalgeschützte Hofanlage aus dem 17. Jahrhundert, die ihm und seiner Frau fortan in den Sommermonaten als Ferienhaus diente. Im Juni 1972 fand dort eine Hausdurchsuchung statt, da die Behörden es nicht für ausgeschlossen hielten, dass gesuchte RAF-Mitglieder bei dem Schriftsteller Unterschlupf gefunden hatten, worüber sich Böll schriftlich bei Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher beschwerte. 1974 nahm Böll den ausgebürgerten Sowjet-Dissidenten Alexander Solschenizyn bei sich auf. Heute dient das nach seinem früheren Bewohner benannte Haus in der ebenfalls nach ihm benannten Straße (Hausnummer 22) als Zufluchtsstätte und Stipendiatenhaus für Autor*innen und Künstler*innen aus aller Welt.

Leben und Werk

Heinrich Böll galt bis zu seinem Tode 1985 geradezu als Repräsentant der deutschen Nachkriegsliteratur. Seine Romane standen regelmäßig in den Bestsellerlisten und lösten kontroverse Diskussionen aus. Das lag an seiner kritischen Haltung gegenüber Gesellschaft, Staat und Kirche. Auch in die Tagespolitik mischte sich Böll durch Interviews und öffentliche Reden vernehmbar ein. Im Ausland, insbesondere in der damaligen Sowjetunion, wurde Böll hochgeschätzt, nicht zuletzt wegen seiner Aufarbeitung der Nazi-Diktatur und des Krieges. 1971 wählte die internationale Schriftstellervereinigung PEN den gebürtigen Kölner zu ihrem Präsidenten. 1972 erhielt Böll den Nobelpreis für Literatur.

Begonnen hatte seine literarische Laufbahn gleich nach Kriegsende. Der 1917 geborene Böll erlebte den Krieg als Soldat und kehrte 1946 ins zerstörte Köln zurück. In seiner Erzählung Wanderer, kommst du nach Spa… wird ein schwer verstümmelter Soldat in sein ehemaliges Gymnasium eingeliefert, das zum Lazarett umfunktioniert wurde. Die Wandlung des Ortes humanistischer Bildung in einen Ort des Schreckens ist symbolisch für die Situation des Menschen im Krieg. Böll verband in seinem Schreiben gern realistische Darstellung mit symbolischer Bedeutung.

Schon bald wandte sich Böll der Gegenwart der jungen Bundesrepublik zu. Der Roman … und sagte kein einziges Wort von 1953 ist eine Milieuschilderung. Ein Ehepaar mit Kindern leidet unter den beengten Wohnverhältnissen der Nachkriegszeit und einer psychischen Trostlosigkeit. Ungewöhnlich ist die Form des Romans: Böll schildert die Verhältnisse von Kapitel zu Kapitel abwechselnd aus der Perspektive der Frau und des Mannes. Wie Böll überhaupt für seine Bücher oft ungewöhnliche Erzählformen fand. So auch für den 1963 erschienenen Roman Ansichten eines Clowns, einem Meilenstein der politisch engagierten Literatur. Darin trägt ein gesellschaftlicher Außenseiter, der skandalträchtig mit seiner Gefährtin Marie unverheiratet zusammenlebt, seine Konflikte mit den Ordnungsvorstellungen von Kirche, Staat und Familie aus. Besonders reizvoll daran ist die subjektive Erzählperspektive aus Sicht des Protagonisten. Zu hitzigen Diskussionen in der Öffentlichkeit führte 1974 die Erzählung Die verlorene Ehre der Katharina Blum, in der Böll das damals aktuelle Thema des RAF-Terrorismus aufgriff und mit einer beißenden Kritik am Boulevard-Journalismus verknüpfte.    

Böll galt im persönlichen Umgang als äußerst freundlich und zugewandt, nahm stets Partei für Menschlichkeit und gegen Formalismus. Im politischen Streit konnte er aber auch mit Schärfe argumentieren.

Der an einer Gefäßerkrankung leidende Böll starb am Morgen des 16. Juli 1985 in seinem Sommerhaus in Kreuzau-Langenbroich. Sein Nachlass wurde im Kölner Stadtarchiv aufbewahrt, bei dessen Einsturz am 2009 jedoch größtenteils stark beschädigt oder vernichtet.

Von Ernst Müller

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