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schimmer. weißer schneeberg­rand

Hartwig Mauritz über den Schneeberg am Stadtrand von Aachen.

insektensummen, frühlingssonne, den weg entlang an der östlichen flanke
des hangs liegt die sperrschranke, wo die grenze aufgehoben, die äcker
aufgebrochen, die bäume im laub. das gebüsch überwuchert, das gedächtnis
mit schaufel und spaten aus der erde gehoben. von weitem der schneebedeckte berg
mergelerde auf unbebautem feld, fossile fundstätte in kalkigem kreidesegment
auf halbtrockenrasen venuskamm, ackersteinsamen. ein graffiti legt die mauer bloß
die böschung hinauf auf bunkerbeton laufen, wie auf einem berggrat
aus verrosteten augen starren schartenstände die landschaft an. die hand schirmt
das gesicht gegen das sonnenlicht ab. ein bussard kreist über der wiese, das wildtier
im blick, bevor es ins innere seines erdlochs abtaucht. stahlbeton teilt das terrain
in höckerlinien. steinsärge eingelassen auf ausgeräumten ackerland
wächst schwarzholunder, vogelkirsche in büschen vor der betonwand
laufen ihre schatten rückwärts auf die dunkelheit zu. stein wächst aus dem boden, stahl.

Vita

Hartwig Mauritz, geboren 1964 in Eckernförde, studierte Elektrotechnik in Braunschweig, arbeitet seit 1995 als Lehrer in technischen Fächern am Berufskolleg Alsdorf und lebt seit 1999 in Vaals an der deutsch-niederländischen Grenze. Dort hat er im Rahmen der Kulturschiene zwischen 2013 und 2020 Lyrikkurse gegeben. Er schreibt vornehmlich Lyrik und leitet für das Literaturbüro der Euregio Maas-Rhein seit 2007 einen Lyriktreff.