Autor*innen-Porträts

Luigi Pirandello

28. Juni 1867 – 10. Dezember 1936

Luigi Pirandello

Autor und Ort

Der italienische Schriftsteller und Nobelpreisträger Luigi Pirandello studierte vom Wintersemester 1889/90 bis zum Sommersemester 1891 an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn romanische Philologie. Dort lernte er im Karneval Jenny Schulze-Lander kennen und lieben und zog in das Studentenzimmer ein, das ihre Mutter in der Bonner Altstadt vermietete. An dem Haus in der Breiten Straße 37a (heute Nr. 83) wurde 2010 – auf Deutsch und Italienisch – eine Gedenktafel zu Ehren Pirandellos angebracht. Im Stadtteil Ippendorf ist zudem eine Straße nach ihm benannt.

Leben und Werk

Luigi Pirandello wurde am 28. Juni 1867 in Caos, einem Vorort von Agrigent, auf Sizilien geboren. Bereits während seiner Schulzeit, die er in Agrigent und Palermo verbrachte, veröffentlichte Pirandello erste literarische Texte. 1888 schrieb er sich an der Universität in Rom für romanische Philologie ein und zog im Winter 1889 nach Bonn, um sein Studium dort fortzusetzen. An der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität promovierte er zum Thema Laute und Lautentwicklung der Mundart von Girgenti, bevor er 1892 nach Italien zurückkehrte.

Pirandello arbeitete als Journalist und freier Autor in Rom und heiratete 1894 Antonietta Portulano, mit der er drei Kinder bekam. Da berufliche Erfolge zunächst ausblieben, bestritt er seinen Lebensunterhalt hauptsächlich von der Mitgift seiner Frau. Nachdem jedoch sein Vater, ein Schwefelgrubenunternehmer, von dem er regelmäßig Zuwendungen erhalten hatte, Konkurs anmelden musste, erschöpfte sich die Mitgift zusehends und Pirandello sah sich gezwungen, selbst für den Unterhalt seiner Familie zu sorgen.

1905 gelang ihm mit seinem Roman Mattia Pascal, der ein Jahr später in Deutschland unter dem Titel Der gewesene Matthias Pascal erschien, der erste große Erfolg. Neben seinem Durchbruch als Autor wurde er 1908 an der Pädagogischen Akademie in Rom zum Professor für Italienische Stilistik ernannt. Seine Frau erkrankte psychisch und musste 1919 in einer geschlossenen Anstalt untergebracht werden, wo sie 1959 starb.

In den 1910er Jahren begann er, sich dem Drama zu widmen. Seine modernen Dramen So ist es – wenn es ihnen so scheint (1916) und Sechs Personen suchen einen Autor (1921), in dem er sich vom Illusionstheater abwandte, machten ihn zum avantgardistischen Revolutionär und schließlich weltberühmt.

1925 gründete Pirandello in Rom das „Teatro d’Arte“, mit dem er jahrelang auf Tourneen durch Amerika und Europa reiste. Nach einigen Jahren in Paris und weiteren Veröffentlichungen – darunter knapp 250 Kurzgeschichten – erhielt er 1934 den Nobelpreis für Literatur.

Am 10. Dezember 1936 starb Luigi Pirandello im Alter von 69 Jahren in Rom.

Von Leonie Bauerdick

Sechs Personen suchen einen Autor (Dramenauszug, dt. Uraufführung 1924 in Wien)

HEUTE
auf der Bühne eines Schauspielhauses

Dieses Stück hat keine Akte und keine Szenen.

Die Vorstellung wird zum ersten Mal unterbrochen, ohne dass der Vorhang sich senkt, wenn der Direktor und der Vater sich zurückziehen, um den Handlungsaufriss zu entwerfen und die Schauspieler die Bühne verlassen; zum zweiten Mal, wenn der Bühnenmeister irrtümlich den Vorhang herunterlässt.

Wenn die Zuschauer den Saal betreten, finden sie den Vorhang aufgezogen und die Bühne wie am Tage vor, ohne Kulissen und Dekoration fast dunkel und leer, damit von Anfang an der Eindruck einer nicht vorbereiteten Vorstellung entsteht. […] Sobald es im Zuschauerraum dunkel geworden ist, kommt durch eine Tür der Bühnenmeister im dunkelblauen Arbeitsanzug, am Gürtel einen Beutel, auf die Bühne. Er holt aus einer Ecke im Hintergrund ein paar Bretter, legt sie vorn hin und kniet nieder, um sie anzunageln. Auf die Hammerschläge hin kommt aus der Tür zu den Garderoben der Inspizient herbeigelaufen.

INSPIZIENT: He! Was machst du denn da?
BÜHNENMEISTER: Was ich mache? Ich nagele!
INSPIZIENT: Jetzt? schaut auf die Uhr Es ist schon halb elf. Der Direktor muss gleich hier sein, die Probe fängt an.
BÜHNENMEISTER: Ich brauche schließlich auch meine Zeit, um zu arbeiten.
INSPIZIENT: Die kannst du haben, aber nicht jetzt.
BÜHNENMEISTER: Und wann sonst?
INSPIZIENT: Wenn die Probe vorbei ist. Los, los, schaff das Zeug weg. Ich muss hier das Bild aufbauen für „Seine Rolle spielen“, zweiter Akt.

(zitiert nach: Luigi Pirandello: Sechs Personen suchen einen Autor. Kiepenheuer Bühnenvertrieb, Berlin 2013.)


Ohne Titel

Und im Gesang sei dir
ewiger Frühling beschieden
du waldiges Tal der strengen Melb!
...
Und du, zwischen neuen Blumen,
zwischen niemals welkem Gras,
besinge deinen ewigen Abstieg
in die Ebene,
oh verborgene, stille Melb,
oh fröhliche Seele des Tales,
heimliches Bild der Zeit,
die nicht rastet.

(aus: Luigi Pirandello: Pasqua di Gea, Teil IX, Mailand 1891.)