Autor*innen-Porträts

Heinrich Hubert Houben

30. März 1875 – 27. Juli 1935

Autor und Ort

Heinrich Hubert Houben wurde am 31. März 1875 in Aachen geboren. Er war Literaturwissenschaftler und Publizist, versuchte sich jedoch auch als Erzähler. In den Adressbüchern aus dieser Zeit ist sein Vater, der als Kaufmann arbeitete, unter der Adresse Alexianergraben 45 verzeichnet. An der Stelle steht heute ein Neubau. Nach dem frühen Tod der Eltern wuchs Houben in Düsseldorf auf, später studierte er unter anderem in Bonn.

Leben und Werk

Heinrich Hubert Houben wurde 1875 in Aachen geboren und studierte in Bonn, Berlin und Greifswald Germanistik, Philosophie und Geschichte. Mit seiner Dissertation Studien über die Dramen Karl Gutzkows erschloss Houben sich 1898 ein literaturgeschichtliches Gebiet, das ihn ein Leben lang beschäftigen sollte: die Literatur des Jungen Deutschland und des Vormärz, die durch den Bundestagsbeschluss von 1835 zugleich ein Kulminationspunkt der Zensurpraxis in Deutschland war. Houben verfasste Studien zu den Zeitschriften des Jungen Deutschland, Monografien über Gutzkow (1901), Heinrich Laube (1906) und 1911 mit Jungdeutscher Sturm und Drang ein bis heute wirkendes Standardwerk. Houben war nach der Promotion bis 1905 in Berlin Dozent an der Humboldt-Akademie, der Lessing-Hochschule und der Schule des Deutschen Theaters. Dann wurde er Redakteur bei den Düsseldorfer Neuesten Nachrichten und ab 1907 literarischer Leiter des Verlags F. A. Brockhaus.

Die Wiedereinführung der Zensur zu Beginn des Ersten Weltkriegs empfand er als Rückfall in voraufklärerisches Denken. Direkt nach Kriegsende veröffentlichte er auf der Basis umfangreicher Quellenstudien den Essay Hier Zensur – Wer dort? Für die 1926 in Berlin stattfindende Große Polizeiausstellung verfasste er als Auftragsarbeit die Monografie Polizei und Zensur, die bereits die preußische Theaterzensur im Weltkrieg behandelte. Nach dem Konkurs des Deutschen Verlags, dessen Direktor Houben seit 1921 gewesen war, lebte er ab 1926 als freier Autor. Im selben Jahr veröffentlichte er die umfangreiche Edition der Gespräche mit Heine. 1924 und 1928 dokumentierte er die Geschichte unterdrückter und zensierter Literatur in der zweibändigen Sammlung Verbotene Literatur von der klassischen Zeit bis zur Gegenwart und ließ 1932 Der polizeiwidrige Goethe folgen, worin er Goethe sowohl als Opfer der Zensur wie auch als deren Apologet in seiner offiziellen Stellung zeigte. 1932 versuchte sich Houben in Christoph Columbus auch als Erzähler, womit er jedoch im Gegensatz zu seinen literaturwissenschaftlichen Pioniertaten kein Echo fand. Er starb am 27. Juli 1935 in Berlin.

Von Jürgen Egyptien

Die Rheingräfin (Auszug)

In diese sanfte, ein wenig pietistisch angekränkelte Gemeinschaft, in diese nach Kamillentee und Kampfer duftenden, von peinlicher Sauberkeit und Ordnung glänzenden Räume des Künstlerheims tritt nun die temperamentvolle, freimütige und geistig überlegene Rheinländerin – zwar nicht in eigener Person, denn sie hat Henriette und den Bruder nie in Berlin besucht, sondern nur mit langen, geistreichen Briefen, bei deren gemeinsamer Lektüre die Empfänger sich oft erstaunt, befremdet, erschrocken, verlegen, aber immer entzückt und voll sprachloser Bewunderung ansehen, deren feine, aber energisch geschwungene Schriftzüge sie beim Frühstück entziffern, beim Mittagsmahl schon auswendig wissen und am Abend, im kleinen Kreis der Hausfreunde oder auch beim Tee im Palais der Prinzeß Wilhelm zum besten geben, auch hier die gleichen Empfindungen des Erstaunens und bewundernder Überraschung weckend. Solch ein Brief ist jedesmal ein Ereignis im Saale Wach, das sogar die ehrwürdig feste Tagesordnung umzustoßen vermag und wie ein frischer, stürmischer Luftzug die sorgsam verschlossenen Fenster erklirren macht. Solch ein Brief ist ein Wirbel von Tatsachen und Gedanken, von Fragen und Andeutungen; er zeichnet Bilder von Sibyllens nächster Umgebung und vom öffentlichen Leben am Rhein; er bringt Geständnisse und Bekenntnisse von Glück und Unfrieden des Herzens und sucht bei den fernen Freunden Verständnis, Trost oder auch Widerspruch; er trotzt von rheinischem Liberalismus, so dass die königsfrommen Berliner beklommen leiser reden, denn der große Demagogenverfolger, Ministerialdirektor von Kamptz, hat seine Spione hinter allen Türen.

(aus: Heinrich Hubert Houben: Die Rheingräfin. Das Leben der Kölnerin Sibylle Mertens-Schaaffhausen. Essener Verlagsanstalt 1935.)