Leben und Werk
Wenn manche Schriftsteller*innen im Schatten ihrer berühmteren Verwandten stehen, so gilt dies für Elisabeth von Droste zu Hülshoff in ganz besonderem Maße. Denn bei ihr ist die Verwechselung mit ihrer Tante Annette von Droste-Hülshoff, die auch ihre Patin war, fast unvermeidlich. Zwar ist Elisabath von Droste-Hülshoff erst 1845 geboren, drei Jahre vor dem Tod der berühmten Tante, doch allein die Ähnlichkeit des Namens lädt zur Verwechslung ein. Zumal Annette von Droste-Hülshoff eigentlich Anna Elisabeth mit Vornamen hieß.
Elisabeth von Droste-Hülshoff ist ebenfalls auf dem Stammsitz der adeligen Familie, auf Schloss Hülshoff in Westfalen nahe Münster geboren. Ihre Tante verbrachte fast ihr gesamtes Leben auf dem Wasserschloss, erst in ihren letzten Jahren wohnte sie meist auf Schloss Meersburg am Bodensee. Auch Elisabeth von Droste-Hülshoff verbrachte ihr Leben auf Schloss Hülshoff, bis sie schließlich von Westfalen an den Niederrhein zog, nach Kevelaer, wo sie 1912 starb. Und noch ein Aspekt verbindet sie mit der Patentante: Beide Frauen sind unverheiratet geblieben, was für die Gesellschaft des 19. Jahrhunderts eher ungewöhnlich war.
Die entscheidende Parallele jedoch besteht in der künstlerischen Arbeit. Elisabeth von Droste-Hülshoff trat in die Fußstapfen ihrer Tante und brachte eine Reihe von erzählerischen Werken hervor. Das umfangreichste ist der Roman Die Burggräfin von Stromberg, der im Mittelalter angesiedelt ist. Der Rückbezug aufs Mittelalter ist Mitte des 19. Jahrhunderts nichts Ungewöhnliches. Es waren die Romantiker zu Beginn des Jahrhunderts, die es als Thema entdeckt und populär gemacht hatten. Im Zuge des sogenannten Historismus zur Mitte des Jahrhunderts war es in Adelshäusern sogar Mode, sich Schlösser und Burgruinen im mittelalterlichen Stil bauen zu lassen. Auch die Erzählung Anna Morian aus den 1880er Jahren spielt in der Vergangenheit. Neben diesen historischen Erzählwerken veröffentlichte Elisabeth von Droste-Hülshoff auch Märchen und Gedichte. Ihr bekanntestes Gedicht wurde bis vor wenigen Jahren noch Annette von Droste-Hülshoff zugeschrieben und ziert auch deren Grabstein in Meersburg. Es heißt Letzte Worte und handelt von der Hoffnung auf das ewige Leben nach dem irdischen Tod.
Die berühmten Werke ihrer Patentante kannte Elisabeth von Droste-Hülshoff sehr genau. Sie förderte in den 1880er Jahren eine gesammelte Ausgabe ihrer Schriften und fungierte selbst als Herausgeberin. Während die Werke ihrer Tante heute zur Schullektüre gehören, sind die Werke von Elisabeth von Droste-Hülshoff in Vergessenheit geraten und heute nur noch antiquarisch erhältlich.
Von Ernst Müller
Letzte Worte (undatiert)
Geliebte, wenn mein Geist geschieden
So weint mir keine Träne nach
Denn, wo ich weile, dort ist Frieden
Dort leuchtet mir ein ew'ger Tag!
Wo aller Erdengram verschwunden
Soll euer Bild mir nicht vergehn
Und Linderung für eure Wunden
Für euern Schmerz will ich erflehn.
Weht nächtlich seine Seraphsflügel
Der Friede übers Weltenreich
So denkt nicht mehr an meinen Hügel
Denn von den Sternen grüß' ich euch!
(zitiert nach: Annette von Droste-Hülshoff: Sämtliche Gedichte. Insel Verlag, Frankfurt am Main 1988.)