Magazin

Kolumne

„wir kommen in den ofen!“

Illustration von Nadine Redlich
Nadine Redlich

Unsere Kolumnistin Lütfiye Güzel erklärt ihre Kapitulation in Versen: "was für eine realität."

– von Lütfiye Güzel

Bildrechte: Nadine Redlich

Hier schreiben im Wechsel Autor:innen aus dem Rheinland über Sätze, die ihnen hängengeblieben sind. Heute: Lütfiye Güzel

 

ich laufe. was für eine banalität. eine tief

sitzende angst vor der kompletten

auslöschung. und die große bitte darum.

synchron. ich schreibe. meine kunst versagt in

auswanderung. eine patrone der

überforderung. oder mine der müden

geisteshaltung. eine installation ist weiche

positionierung. ein gedichtband. ein karges

kopfschütteln. oder kapitulation in

versen. mein schwindelgefühl angesichts der 

tot tot

totalitären systeme. ich denke die

einordnungen zuende. gefährdungen sind 

existent. menschen wie restmüll in keinem

pilotprojekt. sich dem zu

stellen. und einzuknicken. was für eine

mentalität. ich kenne das museum. 

die schweren bücher der geschichte. so

unerträglich. 23 km am tag. ich mache halbe

sachen. ein füttern. ein ziehen aus der 

nase. parallel. 

mit blick auf den schneeregen. eine einzige

jahreszeit. die zeitung auf den knien. 

die schlagzeilen. so hässlich. zerbrechliche

beruhigung am wildschweingehege. in der 

erinnerung die elterliche

unterwerfung. anpassung für die kinder. und so

weiter. die atmung immer richtung härte. die

fäuste

in den hostentaschen. das einzustecken. eine

biografie. die kanten mit system.

wieder ankreuzen. straßenseiten

wechseln. hochöfen und scheuermittel. 

ich laufe. was für eine realität. 

ohne den herzschlag einer gegenwehr bleibt

das

sterben sterben

seriell. 


 

Lütfiye Güzel ist freie Autorin und lebt in Duisburg. Sie erhielt u.a. den Literaturpreis Ruhr 2017. Zuletzt erschien der Band "ich.soll.ruhiger.werden." (go-güzel-publishing).