Autor*innen-Porträts

Paula Walendy

4. Oktober 1902 – 21. Juli 1991

Paula Walendy
© Wittus Witt / Verlag Magische Welt

Autorin und Ort

Paula Walendy, geborene Brandts, kam am 4. Oktober 1902 in Mönchengladbach zur Welt. Sie lebte, bis auf eine längere Episode in Berlin, ihr gesamtes Leben in der Stadt am Niederrhein. Dabei diente ihr das elterliche Haus, die Villa Brandts in der Roermonder Straße 279, die sie später auch erben sollte, von den Kindheitstagen bis zu ihrem Tod als Wohnstätte. Sie besuchte die Bischöfliche Marienschule Mönchengladbach bis zur letzten Klasse, das Abitur blieb ihr als Mädchen jedoch verwehrt. Die Stadtbibliothek Mönchengladbach befand sich ab 1927 im Haus ihres Großvaters Carl Brandts in der Kaiserstraße 47. Das Gebäude wurde im Krieg zerstört, heute befindet sich auf dem Areal ein neuerer Bau aus den 1960er Jahren, der nach einem Ratsbeschluss von 2015 erneut unter dem Namen „Carl Brandts Haus“ firmiert.

Leben und Werk

Die Vorstellung, dass Wissenserlangung nicht nur eine langweilige Verpflichtung, sondern auch spielerisches Vergnügen sein kann, begleitete die Kinderbuchautorin Paula Walendy während ihrer gesamten Schaffenszeit. Geboren wurde sie 1902 in Mönchengladbach als Paula Brandts, Tochter von Anna (geborene Laurenz) und Richard Brandts, der ebenso wie sein Vater und dessen Bruder Franz Brandts, der bekannte katholische Sozialreformer, Textilfabrikant war. Sie wuchs in einer der Kunst zugewandten Atmosphäre auf – ihr Vater hatte etwa eine eigene Oper verfasst – und nahm nach der Schule Zeichen- und Gesangsunterricht. Ihre jüngere Schwester Lene Hille-Brandts veröffentlichte ihrerseits Kinder- und Jugendbücher.

Bei einem Besuch in Berlin lernte sie ihren späteren Ehemann, den Juristen Bruno Walendy, kennen, 1925 zog sie dauerhaft in die Hauptstadt, wo sie im Rundfunk eigenständig Kinder- und Frauensendungen leitete. Nach dem Krieg ging sie zurück in ihre Heimat und arbeitete ab 1950 für den WDR in Düsseldorf und Köln an Kindersendungen fürs Radio. Anfang der 50er-Jahre schuf sie für das aufkommende Fernsehen die allererste Fernsehsendung speziell für Kinder. „Kinderstunde“ wurde von 1951 bis 1972 regelmäßig ausgestrahlt. Gleichzeitig plante und produzierte sie über Jahre die wöchentliche Kinderseite „Trarira“ der Düsseldorfer Nachrichten und der Westdeutschen Zeitung.

Mit dem Schreiben begann Paula Walendy, um ihren Söhnen Rolf und Udo und der später geborenen Tochter Oda eigene Geschichten vorlesen zu können. Ihr besonderes Interesse, aus dem sie auch immer wieder Inspiration schöpfte, galt dabei tradierten Volksliedern und der Volksdichtung. Daraus wurde eine lebenslange Leidenschaft, die sie an ihre Tochter weitergab, die bis heute Kinderbücher sammelt. Walendy war außerdem Mitglied der Autor*innenvereinigung „Die Kogge“, deren Jahrestagung mehrfach auf ihre Initiative hin in Mönchengladbach stattfand.

Zu Paula Walendys Werk gehören über 40 Kinderbücher, darunter Publikationen mit Liedern für Kinder oder auch Rätselbücher. Zu ihren bekanntesten Veröffentlichungen gehören Die kleine Naturkunde (sieben Bände ab 1943), Lirum larum Löffelstiel (1950), Dreimal schwarzer Kater (1951) und Kampf dem Räuberhauptmann (1983). Ein Erkennungsmerkmal Walendys sind die stets bunten ihre Texte begleitenden Illustrationen bekannten Grafiker*innen. Ihre Bücher erschienen vor allem im Thienemann-Verlag, im Herold-Verlag, im Nordland-Verlag und bei Bertelsmann, sind heute allerdings nur noch antiquarisch erhältlich.

Paula Walendy starb am 21. Juli 1991 in Mönchengladbach. Sie wurde 88 Jahre alt. Ihre letzte Ruhestätte fand sie auf dem Städtischen Hauptfriedhof.

Von Nina Höhne und Peter Mandrella

Kampf dem Räuberhauptmann! (Auszug)

„Ho ho“, rief Hans, „laßt mich nur erst groß werden; ich habe keine Angst! Aber ihr müßt alle mitmachen!“ und jeden sah Hans trutzig an.

Da lachten die Männer, und der Fremde meinte: „Ja, mein Hänschen, wenn alle mitmachen und helfen würden und alle keine Angst hätten, dann müßten wir ihn zusammen mit seinen Gesellen wohl kleinkriegen.“

„Ich würde mir etwas ganz Schlaues ausdenken“, rief Hans voll Erregung. „Eine Falle müßten wir ihm stellen, wir müßten wissen, wo er wohnt, wo er den Raub versteckt.“

Da lachten die Männer reihum, und Jäger Klausmann meinte: „Wenn man weiß, wo er wohnt, dann ist es nicht mehr so schwer. Aber er wohnt wie der Hase, jeden Augenblick in einer anderen Furche.“

„Aber“, fiel unser Hänschen ihm ins Wort, „du hast aber auch schon mal einen Hasen getroffen, Onkel Klausmann, nicht wahr? Du siehst, daß man ihn fangen kann, auch den Schinderhannes. Ich werd‘ ihm schon auf die Schliche kommen. Kampf dem Räuberhauptmann. Wartet nun noch ein Weilchen, bis ich richtig groß bin!“

Da lachten die Männer wieder und freuten sich über Hans Matenchens starken Willen.
Onkel Tuck aber meinte streng: „Dann geh jetzt einmal schleunigst ins Bett, damit du bald groß wirst. Ohne Schlaf wird man das nicht.“

Und da Hans das glaubte und außerdem erschreckend müde in den Gliedern war, ging er ohne Widerwort von dannen mit einem freundlichen: „Gute Nacht allerseits! Wünsche wohl zu ruhen!“

Onkel Tuck aber konnte es sich nicht verkneifen, ihm noch brummend hinzuwerfen: „Immer dieser Fisematenchen!“ […]

(aus: Paula Walendy: Kampf dem Räuberhauptmann! Eine Erzählung für die Jugend aus der Zeit des „Schinderhannes“ am Rhein 1778-1803. Nach wahren Begebenheiten. Kinderland Verlag, Vlotho an der Weser 1984, S. 30.)