Autor*innen-Porträts

Karl Immermann

24. April 1796 – 25. August 1840

Karl Immermann

Autor und Ort

Nach mehreren Jahren in Derendorf, das damals nach vor den Toren Düsseldorfs lag, zog Karl Immermann in die Ratinger Straße 43. Dorthin lud er nicht nur Autoren wie Michael Beer, Christian Dietrich Grabbe, Karl Gutzkow, Heinrich Laube und Ferdinand Freiligrath ein, sondern auch viele andere Künstler und Intellektuelle. Angeregt durch diesen Austausch beschränkten sich seine Aktivitäten nicht auf die Literatur: 1829 zählte er zu den Gründungsmitgliedern des „Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen"; 1832 gründete er den „Theaterverein", in dessen Trägerschaft das Düsseldorfer Stadttheater stand. Immermann starb 1840 in seinem Haus in der Düsseldorfer Altstadt, wo heute eine marmorne Gedenktafel an den Schriftsteller erinnert. Beigesetzt wurde er auf dem Golzheimer Friedhof. Die Stadt Düsseldorf verlieh von 1936 bis 1967 den Immermann-Preis für Literatur, der später vom Heine-Preise abgelöst würde. Zudem ist eine Straße im japanischen Viertel der Landeshauptstadt nach ihm benannt.

Leben und Werk

Karl Leberecht Immermann wurde am 24. April 1796 in Magdeburg als erstes von vier Kindern des preußischen Kriegs- und Domänenrats Gottlieb Leberecht Immermann und seiner Frau Friederike Wilhelmine geboren. Ab 1807 besuchte er in seiner Geburtsstadt das Gymnasium im Kloster „Unserer lieben Frauen“.  Im Jahr 1813 immatrikulierte er sich zum Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Halle. Nach seinem ersten Semester wurde die Hochschule auf Anordnung des französischen Kaisers Napoleon I. Bonaparte geschlossen und Immermann meldete sich als freiwilliger Jäger, um am Befreiungskrieg gegen die französische Besatzung teilzunehmen. Daran hinderte ihn ein Nervenfieber und er setzte im Herbst 1814 sein Studium in Halle fort. Die sich anschließende juristische Ausbildung absolvierte Immermann in Oschersleben, Magdeburg, Münster und wieder Magdeburg, wo er in den Jahren 1824 bis 1827 als Kriminalrichter tätig war.

Ab 1821 veröffentlichte er seine ersten literarischen Werke wie das romantische Lustspiel Die Prinzen von Syrakus, den Band Trauerspiele, eine Gedichtsammlung sowie die Erzählung Die Papierfenster eines Eremiten. Es folgten das Drama König Periander und sein Haus sowie die Novelle Der neue Pygmalion. Außerdem schrieb Immermann Rezensionen und pflegte Kontakt zu anderen Schriftstellern wie Heinrich Heine, Johann Wolfgang von Goethe, Ludwig Tieck oder Friedrich de la Motte Fouqué.

1827 übersiedelte er mit seiner Lebensgefährtin, der Gräfin Ahlefeld, als Landgerichtsrat nach Düsseldorf. 1834 ließ er sich vom Staatsdienst beurlauben, um die Intendanz des Theaters am Markt zu übernehmen. Als Dramaturgen holte er Christian Dietrich Grabbe an die Bühne – nicht ohne den Hintergedanken, den alkoholabhängigen Schriftsteller durch eine regelmäßige Tätigkeit zu stabilisieren. Die finanzielle Situation der städtischen Bühne war allerdings so schlecht, dass er seine Reformansätze nicht umsetzen konnte und bereits 1836 wieder ans Landgericht zurückkehrte. Parallel erschienen weitere schriftstellerische Arbeiten wie der Bildungsroman Die Epigonen (1836) und Münchhausen (1839).

Nach der Trennung von Elisa von Ahlefeld heiratete Immermann 1939 die 24 Jahre jüngere Marianne Niemeyer. Kurz nach der Hochzeit und der Geburt seiner ersten Tochter starb Immermann am 25. August 1840 in Düsseldorf an einem Lungenschlag. Sein Tod unterbrach die Arbeit an seinen Erinnerungen, den Memorabilien.

Von Maren Jungclaus

Karl Immermann: Memorabilien (Auszug, 1840-1843)

Ich war schon über diese unnützen Reden, die mit einer Kolik endigen konnten, einigermaßen verdrießlich geworden, als er rasch aufsprang, und, die Stube in seiner Bekleidung, unter welcher es für den menschlichen Körper keine mehr gibt, durchschreitend, zornig ausrief: „Die Hunde! Denken sie, sie dürfen mir ein ungeheiztes Zimmer bieten? Ich bin Auditeur gewesen und habe meinen ehrenvollen Abschied bekommen, man muß mich in jeder Gesellschaft: Herr Auditeur, nennen. So muß man. Da hängt meine Uniform, und da steht mein Degen! Sie lachen? Da hängt sie und da steht er!“ Endlich hatte ich ihn denn doch durch Zureden dahin gebracht, daß er in die notwendigsten Kleider fuhr und sich zu einigen ruhigen und geordneten Reden herbeiließ, als ihm plötzlich wieder der Gedanke durch den Kopf schwirrte, wir müßten zur Feier seiner Ankunft auf den Abend ein Punschfest mit einigen Gleichgestimmten veranlassen. Ich konnte nun keineswegs wünschen, daß die „Düsseldorfer Zustände« von ihrem Beginnen an einen so hohen Schwung nehmen möchten, worauf er, nach dem ich ihn von jenem Vorsatze abgebracht, mich aufforderte, wenigstens mit ihm zu frühstücken.

(...)

Der Kellner brachte auf sein Geheiß Brot und kalte Küche, wurde aber grimmig angefahren, warum das Brot nicht mit Butter bedeckt sei? Der Bursche versetzte gelassen: „Sie haben bloß Brot befohlen und kein Butterbrot.“ – „Was?“ rief Grabbe ereifert: „Soll ich, wenn ich ein Pferd miete, auch noch ausdrücklich den Schwanz dazu mieten? Butter gehört zum Brote, und Brot zur Butter, wie der Schwanz zum Pferde, und das Pferd zum Schwanze!“ Ich sagte: „Wir wollen jetzt Butter Butter, Brot Brot, Schwanz Schwanz und Pferd Pferd sein lassen, und in das Quartier einziehen“, befahl dem Kellner, die fahrende Habe zusammenzupacken, und hielt dem andern Rock und Weste zum Anziehen hin. Er sah mich mit den wunderbaren, erschrockenen Augen groß an und brach dann in ein ruckweises Lachen über sich, über mich, über den emsigen Kellner, endlich über die ganze Welt aus, indem er vor sich hinmurmelte: „Das soll wohl hier eine Suppe werden!“

(aus: Karl Immermann: Memorabilien. Winkler Verlag, München 1966, S. 166f.)