Autor*innen-Porträts

Johann Esser

10. April 1896 – 2. September 1971

Johann Esser
© Kreisarchiv Wesel

Autor und Ort

Johann Esser wurde im heutigen Mönchengladbacher Stadtteil Wickrath geboren und wuchs dort in einem Waisenhaus auf. Sein Geburtshaus stand in der Wickrathhahn 27, die heutige Adresse lautet Hahner Hofstraße 9c. Esser lebte nach dem Zweiten Weltkrieg in Moers, wo er 1971 verstarb. Im Stadtteil Meerbeck wurde ein Platz nach ihm benannt. Begraben wurde der Dichter auf dem Friedhof Trompet in Duisburg-Rheinhausen. An seinem Grab ist eine Gedenktafel angebracht, auf der sein berühmtes Gedicht eingraviert ist: das Lied von den Moorsoldaten.

Leben und Werk

Zuweilen wird ein Autor in seinem öffentlichen Nachhall mit nur einem seiner Werke verbunden, das besonders berühmt wurde. So verhält es sich auch bei Johann Esser, geboren 1896 in Wickrath, heute ein Stadtteil von Mönchengladbach. Esser nämlich ist der Schöpfer des Liedes Die Moorsoldaten, das einen beispiellosen Siegeszug durch die Welt angetreten hat. Es wurde in mehrere Sprachen übersetzt, zweimal vertont und über die Jahrzehnte hinweg von vielen Sängerinnen und Sängern interpretiert, angefangen bei Ernst Busch über die amerikanische Protestsängerin Joan Baez bis zur Rockband Die Toten Hosen. 

Das Lied ist 1933 entstanden, und zwar im NS-Konzentrationslager Börgermoor im Emsland. Johann Esser war als Mitglied der KPD dort von den Nazis interniert worden. Die Gefangenen mussten im Moor schwere körperliche Arbeit leisten. Eines Tages genehmigte die Lagerleitung einen bunten Unterhaltungsnachmittag. Mithäftlinge sprachen den Autor Johann Esser an, ob dieser nicht ein Lied beisteuern könne, das sowohl das Lebensgefühl der Gefangenen aufgreife, als auch die Zensur durch die Lagerleitung passieren würde. Esser schuf ein mehrstrophiges Lied, das von harter Arbeit, der Sehnsucht nach der Familie und der Hoffnung auf die Entlassung handelte. Der Mithäftling Rudi Goguel schrieb die Melodie dazu. Später berichteten Insassen davon, dass bei der Aufführung die Mithäftlinge begeistert mitsangen und sich sogar die Wärter dem Gesang anschlossen. Der Düsseldorfer Mithäftling Wolfgang Langhoff, der an dem Text mitgewirkt hatte, machte das Lied 1935 durch ein autobiografisches Buch, das in Zürich erschien, auch im Ausland bekannt. Der emigrierte Komponist Hanns Eisler vertonte den Text neu.

Urheber Johann Esser besuchte in Rheydt die Volksschule. Danach arbeitete er ohne Ausbildung in einer Spinnerei und später als Bergmann in Rheinhausen. Im Ersten Weltkrieg diente er als Soldat. 1924 trat Esser in die KPD ein und betätigte sich als Agitator. Daneben schrieb er Gedichte und Erzählungen. Seine Themen entstammten der Arbeitswelt. Nach der Machtübernahme Hitlers 1933 wurde Esser verhaftet, nach eineinhalb Jahren wieder entlassen. Doch war es schwer, Arbeit zu finden, weshalb die Familie große Not litt. Dies mag der Grund sein, weswegen Esser im Zweiten Weltkrieg auch regimekonforme Texte schrieb. Nach dem Krieg engagierte er sich wieder gewerkschaftlich, brach aber mit dem Kommunismus.  In Zeitungen veröffentlichte er viele Gedichte und festigte seinen Ruf als „Arbeiterdichter“.    

Johann Esser starb am 2. September 1971 in Moers.

Von Ernst Müller

Die Moor­sol­da­ten (1933)

Wo­hin auch das Au­ge bli­cket,
Moor und Hei­de nur rings­um.
Vo­gel­sang uns nicht er­qui­cket,
Ei­chen ste­hen kahl und krumm.
Wir sind die Moor­sol­da­ten
und zie­hen mit dem Spa­ten
ins Moor! 

Hier in die­ser öden Hei­de
ist das La­ger auf­ge­baut,
wo wir fern von je­der Freu­de
hin­ter Sta­chel­draht ver­staut.
Wir sind die Moor­sol­da­ten...  

Mor­gens zie­hen die Ko­lon­nen
in das Moor zur Ar­beit hin.
Gra­ben bei dem Brand der Son­ne,
doch zur Hei­mat steht der Sinn.
Wir sind die Moor­sol­da­ten... 

Heim­wärts, heim­wärts je­der seh­net
zu den El­tern, Weib und Kind.
Man­che Brust ein Seuf­zer deh­net,
weil wir hier ge­fan­gen sind.
Wir sind die Moor­sol­da­ten...  

Auf und nie­der gehn die Pos­ten,
kei­ner, kei­ner kann hin­durch.
Flucht wird nur das Le­ben kos­ten,
vier­fach ist um­zäunt die Burg.
Wir sind die Moor­sol­da­ten...  

Doch für uns gibt es kein Kla­gen,
ewig kann's nicht Win­ter sein.
Ein­mal wer­den froh wir sa­gen:
Hei­mat, du bist wie­der mein.
Dann ziehn die Moor­sol­da­ten
nicht mehr mit dem Spa­ten
ins Moor!

(zitiert nach: „Weiß ich, was ein Mensch ist?“ Lieder gegen das Vergessen. 2 CDs, DIZ Emslandlager, Papenburg 1997.)