Autor*innen-Porträts

Ernst Moritz Arndt

26. Dezember 1769 – 29. Januar 1860

Ernst Moritz Arndt

Autor und Ort

Ernst Moritz Arndt wurde 1818 Professor für Geschichte an der neu gegründeten Bonner Universität und 1840 auch ihr Rektor. Er wohnte bis zu seinem Tod mit der Familie in der Adenauerallee 79, die in seinem Auftrag gebaute Villa ist das einzige erhaltene Professorenwohnhaus aus dem 19. Jahrhundert. Es trägt heute seinen Namen und ist Teil des Bonner Stadtmuseums. Beerdigt ist der Dichter auf dem Alten Friedhof. Fünf Jahre nach seinem Tod wurde ein Denkmal am Alten Zoll enthüllt, „errichtet vom deutschen Volke“. Sein bronzenes Ebenbild blickt auf den Rhein, auf dem Sockel wird der Titel einer seiner Schriften zitiert: „Der Rhein, Deutschlands Strom, nicht Deutschlands Grenze.“

Leben und Werk

Ernst Moritz Arndt wurde am 26. Dezember 1769 in Groß Schoritz auf der Insel Rügen als schwedischer Untertan geboren. Im Alter von 17 Jahren zog er mit seiner Familie auf das pommersche Festland, wo er das Gymnasium in Stralsund besuchte. Ein Theologie- und Geschichtsstudium an den Universitäten in Greifswald und Jena folgte. Nach einer langen Reise durch Österreich, Italien und Frankreich heiratete er 1800 Charlotte Quistorp, die jedoch 1801 nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes starb. Er arbeitete als Dozent an der Universität Greifswald, an der er 1806 eine außerordentliche Professur erhielt.

1803 veröffentlichte Arndt seine erste politische Publikation Versuch einer Geschichte der Leibeigenschaft in Pommern und Rügen, die maßgeblich zur Aufhebung der noch bestehenden Leibeigenschaft in Schwedisch-Pommern beitrug. 1806 floh er vor Napoleons Truppen nach Schweden und verfasste dort seine Schrift Geist der Zeit, in der er die Einheit Deutschlands forderte und Frankreichs Expansionspolitik verurteilte. Seine Forderungen fanden im deutschsprachigen Raum viel Zuspruch und machten ihn als vehementen Kritiker Napoleons bekannt.

1808 kehrte Arndt unter falschem Namen nach Pommern zurück und arbeitete nach dem Abzug der französischen Truppen erneut an der Universität Greifswald, bevor er 1812 nach Russland floh und dort der Privatsekretär des Freiherrn von Stein wurde. Zu dieser Zeit publizierte Arndt viele seiner patriotischen Lieder und Schriften gegen Frankreich, darunter Was ist des Teutschen Vaterland? und Der Rhein. Teutschlands Strom, aber nicht Teutschlands Gränze. Sie wurden zu einem wichtigen Antrieb für die Befreiungskriege gegen Napoleon.

Nachdem Arndt 1817 in zweiter Ehe Anna Maria Schleiermacher geheiratet hatte, wurde er im August 1818 Professor für Geschichte an der Bonner Universität und bezog mit seiner Familie ein Haus an der heutigen Adenauerallee. Bereits 1820 wurde er jedoch im Zuge der Demagogenverfolgungen wegen seiner Forderungen in der Schrift Geist der Zeit und privaten Äußerungen suspendiert. Erst 1840 erfolgte seine Rehabilitierung durch König Friedrich Wilhelm IV., woraufhin er zum Rektor der Bonner Universität ernannt wurde. Neben sechs weiteren Professoren aus Bonn wurde er 1848 zum Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung in die Paulskirche berufen.

Bis zu seinem Tod am 29. Januar 1860 verfasste Ernst Moritz Arndt weitere politische, philosophische und theologische Schriften sowie zahlreiche Lieder und Gedichte. Fragwürdig sind seine Äußerungen und Polemiken zum Judentum, die antisemitische Tendenzen aufweisen.

Von Leonie Bauerdick

Heimweh nach Rügen (1842)

O Land der dunkeln Haine,
O Glanz der blauen See,
O Eiland, das ich meine,
Wie thut's nach dir mir weh!
Nach Fluchten und nach Zügen
Weit über Land und Meer,
Mein trautes Ländchen Rügen,
Wie mahnst du mich so sehr!

O wie mit goldnen Säumen
Die Flügel rings umwebt,
Mit Märchen und mit Träumen
Erinn'rung zu mir schwebt!
Sie hebt von grauen Jahren
Den dunkeln Schleier auf,
Von Wiegen und von Bahren,
Und Thränen fallen drauf.

O Eiland grüner Küsten!
O bunter Himmelschein!
Wie schlief an deinen Brüsten
Der Knabe selig ein!
Die Wiegenlieder sangen
Die Wellen auf der See,
Und Engelharfen klangen
Hernieder aus der Höh'.

Und deine Heldenmäler
Mit moosgewobnem Kleid,
Was künden sie, Erzähler
Aus tapfrer Väter Zeit,
Von edler Tode Ehren
Auf flücht'gem Segelroß,
Von Schwertern und von Speeren
Und Schildes-Klang und -Stoß?

So locken deine Minnen
Mit längst verklungnem Glück
Den grauen Träumer hinnen
In alter Lust zurück.
O heißes Herzenssehnen!
O goldner Tage Schein
Von Liebe reich und Thränen!
Schon liegt mein Grab am Rhein.

Fern, fern vom Heimatlande
Liegt Haus und Grab am Rhein.
Nie werd' an deinem Strande
Ich wieder Pilger sein.
Drum grüß' ich aus der Ferne
Dich, Eiland lieb und grün:
Sollst unterm besten Sterne
Des Himmels ewig blühn!

(zitiert nach: Ernst Moritz Arndt: Gedichte. Verlag Weidmannsche Buchhandlung, Leipzig 1850, S. 195f.)